CdN Magazin 35 ePaper
19 D E R WM -T R I UMP H D E S DD R - F U S S B A L L S CDN - MAG A Z I N 35 | 2 01 8 Zwei Testspiele, erst gegen Norwegen, dann gegen die nicht für die WM quali fizierten Engländer, sollen dies ändern und weitere Aufschlüsse geben. Auch darüber, ob die Langzeitverletzten Hans- Jürgen Kreische (50 LS) und Peter Ducke (68 LS) noch den Anschluss schaffen. Buschners Prunkstück ist die Abwehr. Ein einziges Gegentor hatte die DDR in den vier Länderspielen vor den WM- Tests kassiert. Sorgen bereitet die Offen sive. Einzig Joachim Streich (102 LS), der in dieser Zeit noch das Trikot von Hansa Rostock trägt, hat im Länderspielfrüh- jahr 1974 stabil getroffen. So gewinnt die DDR dank seiner Tore gegen die CSSR und Belgien jeweils mit 1:0. Auch gegen England ist Streich zur Stelle. Im Leipziger Zentralstadion sind 100.000 Zuschauer von seinem Schlenzer gegen Torwart Ray Clemence entzückt. Da ist sogar der Ausgleichstreffer zum 1:1-Endstand zu verschmerzen. Somit scheint der spätere DDR-Rekordnatio- nalspieler und DDR-Rekordtorschütze (55 Tore) für die WM als Mittelstürmer ge setzt. Die Frage bleibt für Trainer Busch- ner: wer stürmt neben Joachim Streich? Mittelstürmer ins Mittelfeld Auf der Linksaußenposition kann der Trainer zwischen dem erfahrenen Eber- hard Vogel (74 LS) aus Jena und Martin Hoffmann (55 LS) wählen. Der 19-jährige Hoffmann ist mit dem 1. FC Magdeburg gerade im Finale gegen den AC Mailand Europapokalsieger der Pokalsieger ge- worden, überzeugt vor allem mit seiner frechen und unbekümmerten Art. In der zweiten Halbzeit gegen England wird er vom Publikum lautstark gefordert: „Hoffmann, Hoffmann!“ Buschner bringt ihn tatsächlich – und der Youngster dankt es ihm mit der Torvorlage für Wolfram Löwe beginnt seine Rückschau mit einer These, die den deutsch-deut- schen Vergleich in eine Win-win-Situa tion umdeutet. „Ohne dieses Sparwasser-Tor wäre die BRD nach der Vorrunde in der Gruppe mit Holland, Brasilien und Argentinien gelandet und vermutlich gar nicht Weltmeister geworden“, sagt der 43-malige DDR-Nationalspieler. Der Leipziger Flügelflitzer hatte schon damals einen speziellen Blick auf die Ereignisse, die Sparwasser zum Volks- helden in der DDR machen sollten. Der Flügelflitzer flitze nicht auf dem Flügel, er trabte auf der Aschenbahn im Ham- burger Volksparkstadion und war jeder- zeit bereit, eingewechselt zu werden. Aus dieser Perspektive sah er Spar wassers Finte, den Schuss, das Tor und schließlich Sparwassers Purzelbaum. Da waren schon 77 Minuten gespielt im Hamburger Stadion, als es bei einer Fußball-Weltmeisterschaft zum ersten und einzigen Mal hieß: wir gegen uns! Personelle Sorgen vor der WM Die Geschichte dieses außergewöhn lichen Spiels hat eine gewöhnliche Vorgeschichte. Vor der WM 1974 hat DDR-Auswahltrainer Georg Buschner im Trainingslager im schwedischen Hindas ähnliche Sorgen wie Joachim Löw und andere Trainer sie mit unschöner Regel- mäßigkeit vor großen Turnieren zu haben pflegen. Noch sind nicht alle Auswahl- kandidaten angereist, den einen oder anderen plagen Verletzungssorgen. So klingt das Zwischenfazit des Trainers auch alles andere als optimistisch. Oder stapelt Buschner vor der Weltmeister- schafts-Premiere der DDR-Mannschaft bewusst ein bisschen tief? „Es ist uns nicht gelungen, unsere Mannschaft im Frühjahr zu formieren“, sagt er. Vor 44 Jahren standen sich 22 Deutsche gegenüber. Elf aus Ost, elf aus West. An einem führt beim Rückblick auf die WM 1974 kein Weg vorbei: Jürgen Sparwasser, der mit seinem Siegtor für die DDR gegen die BRD Geschichte schrieb. Und der am 4. Juni seinen 70. Geburtstag gefeiert hat. Im CdN-Magazin erinnern sich Sparwasser und andere Protagonisten an die WM 1974 aus der Perspektive der DDR-Nationalmannschaft.
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