CdN Magazin 35 ePaper

30 D I E Z E I T DANACH CDN - MAG A Z I N 35 | 2 01 8 GUT EN TAG , HE RR DOK TOR ! Es muss an seiner besonderen Ausstrah- lung liegen. Und an seiner besonderen Vita. Wenn Dr. Hans-Josef Kapellmann auf dem Weg zur nächsten Visite oder zur nächsten Besprechung ist, wird es ruhiger im Flur. Die wartenden Patien- ten im Klinikzentrum Bad Sulza, die ihn erblicken, grüßen fast ehrfürchtig. Man kann erahnen, wie sie grübeln, wie sie überlegen. Ist er das? Und: Darf man ihn einfach so ansprechen? Darf man, soll man. Mit seinem Ruhm aus der Vergangenheit geht Dr. Kapell- mann gelassen um. Viele Patienten und deren Besucher kennen ihn noch als „Jupp“ Kapellmann, den ehemaligen Fußballprofi des FC Bayern München und deutschen Nationalspieler. Ge- schätzt für seinen Einsatz, seinen Willen und die Härte gegen sich selbst. Im Hier und Jetzt schätzen sie ihn in Bad Sulza vor allem als einfühlsamen Mediziner mit hoher Fach- und Sozialkompetenz. Die Heimat kann warten Das Haus, in dem Dr. med. Kapellmann als operativ tätiger Orthopäde arbeitet, ist eine Rehabilitationsklinik. Sie ist idyllisch gelegen, Wälder und Hügel prägen das Ambiente. Dass Kapellmann im Alter von 68 Jahren in der Idylle Thüringens eine neue Herausforderung gefunden hat, liegt an seiner Neugier und an seinem Ehrgeiz. Mehr als sieben Jahre lang hat der Vater von sieben Kindern in Saudi-Arabien im Al Wafaa- Hospital als ärztlicher Direktor Regie geführt – in einer für Westeuropäer Fünf Länderspiele hat Hans-Josef Kapellmann absolviert, er wurde Weltmeister, gewann die deutsche Meisterschaft und drei Mal den Europapokal der Landesmeister. Nur wenige Fußballer haben vergleichbar viele Titel gewonnen. Weitere wertvolle Erfolge aber hat Kapellmann abseits des Spielfelds errungen: als Arzt und als Therapeut. Nach Jahren in Saudi-Arabien ist Dr. Kapellmann zurück in Deutschland. Das CdN-Magazin hat ihn getroffen – Arztvisite umgekehrt. fremden Welt. Kapellmann hat sich eingelassen auf diese Welt, hat sie entdeckt und ihre Vorzüge schätzen gelernt. Er spricht Arabisch und denkt nun anders über das, was er vorher nur vom Hörensagen kannte. „Diese Welt ist nicht mit unserer vergleichbar. Aber wer sie selbst erlebt hat, kann sie viel besser verstehen“, sagt Kapellmann. Für ihn kam es nach seiner Zeit in Saudi-Arabien nicht in Frage, sich in den Ruhestand zu verabschieden und nach Zaisering in Oberbayern zurückzukehren. Kapell- mann wollte arbeiten, wollte erleben, wollte lernen. Die Heimat kann warten. Wenn Kapellmann mit leiser Stimme und ruhigem Tonfall spricht, wird deut- lich, wie zufrieden er ist. „Ich bin hier mitten im Leben“, sagt Kapellmann. Was er hier Tag für Tag erlebt, hat nicht nur mit gebrochenen Knochen oder alltäg- lichen Beschwerden zu tun. Es geht auch um die Sozialmedizin mit psycho- sozialen Aspekten. Dafür drückt er so- gar noch einmal die Schulbank, an der Universität in Leipzig steckt er in der letzten Ausbildungsphase für Sozial­ medizin. Eine Fachrichtung, die er gera- de vor dem Hintergrund des Anstiegs bei den psychischen Erkrankungen für elementar hält. „Dieses Fachwissen müsste viel früher und allen Medizin- Studenten vermittelt werden“, sagt er. Ihm ist es ein besonderes Anliegen, im Zusammenhang mit dem gesellschaft­ lichen Wandel und der Wertever­ schiebung auf die Vorbildfunktion der Nationalspieler hinzuweisen. Wie sen­ sibel ihr Verhalten ist, welch großen Einfluss sie durch ihre Rolle als Vor­ bilder für Millionen haben. „Wenn ein Nationalspieler etwas sagt, findet er Gehör“, sagt er. Umso wichtiger ist es, welchen Inhalt es hat, was National­ spieler sagen und grundsätzlich, wie sie sich verhalten. Umso mehr freut sich Kapellmann jedes Mal, wenn ein Natio- nalspieler differenziert auf die Branche schaut und gleichwohl zu spüren ist, wie gerne er für Deutschland spielt. Philipp Lahm ist für ihn in dieser Hinsicht ein leuchtendes Beispiel. Grundsätzlich sagt Kapellmann: „Es sollte nach wie vor als Auszeichnung dienen, in der Nationalmannschaft spielen zu dürfen.“ Operation als letztes Mittel Mit all seiner Erfahrung mobilisiert Dr. Kapellmann erkrankte Menschen und stabilisiert ihre Seelen. Die Pa­ tienten profitieren, und er selber auch. „Ich bin kein Typ, der Briefmarken sam- melt“, sagt der prominente Orthopäde. „Weiter als Arzt zu arbeiten, betrachte ich als Alzheimerprophylaxe für mich.“ Kapellmann hilft in Bad Sulza erst den Patienten – und arbeitet dann auf den Trainingsgeräten auch an sich selbst. Ein Infekt, den er sich bei einer Opera­ tion zugezogen hatte, bescherte ihm 2015 Herzprobleme und in deren Folge eine eingeschränkte Belastbarkeit. Mit dem richtigen Training hat er die Proble- me im Griff. „Es geht mir wieder gut“, sagt Kapellmann und lächelt. Er isst gesund, ist gesund, auch, weil er viel Fahrrad fährt und vor allem, weil er

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