CdN Magazin 36 ePaper

H A N S - H U B E R T „ B E R T I “ VO G T S * 30. Dezember 1946 Position: Abwehr Aktiv bei: VfR Büttgen, Borussia Mönchengladbach DFB-Team: 96 Länderspiele (1967 – 1978) Trainerstationen: Deutschland U21-Nationalmannschaft (1979 – 1990) Deutschland A-Nationalmannschaft (1990 – 1998) Bayer 04 Leverkusen (2000 – 2001) Nationaltrainer Kuwait (2001 – 2002) Nationaltrainer Schottland (2002 – 2004) Nationaltrainer Nigeria (2007 – 2008) Nationaltrainer Aserbaidschan (2008 – 2014) A K T U E L L I M B L I C K P UNK T CDN - MAG A Z I N 3 6 | 2 01 8 27 Prozent von ihrem Ego in die Mannschaft zu investieren. Die sich bewusst waren, dass die Mannschaft zu funktionieren hatte und nicht der einzelne Spieler als Selbstdarsteller. Es zählten fortan nur noch aktuelle Leistung und Leistungs- bereitschaft, nicht mehr erreichte Erfolge. Erfolge sind von gestern, was zählt ist das Heute und Morgen. So bin ich konsequent meinen Weg gegangen. Die Folge war, dass Sie von den 29 Länderspielen nach der WM 1994 nur zwei verloren und 1996 mit der Nationalmannschaft Europameister in England wurden. Trauen Sie eine solche Entwicklung auch dem Team von Löw zu? Ich drücke unserem Bundestrainer fest die Daumen. Es wird aber viel schwieri- ger als damals. Klar, das Ziel muss der öffentlichen Kritik an Ihrer Person und an der Mannschaft umgegangen? Ähnlich massiv – das möchte ich als Untertreibung zurückweisen. Es ist gar kein Vergleich! Vielleicht erinnert sich noch so mancher, wie damals auf mich eingeprügelt wurde? Und das, obwohl wir damals immerhin im Viertelfinale standen – und das in einer ungleich schwierigeren internen Situation. Wie meinen Sie dies? Warum war die Situation schwieriger? Ich musste damals drei verschiedene Gruppen in unserer Nationalmannschaft koordinieren. Die Gruppe der noch amtierenden Weltmeister, die Gruppe der neu integrierten Spieler und die Gruppe der ehemaligen DDR-Nationalspieler, für die ja fast alles neu war. Wir hatten mit den Einzelspielern bestimmt einen besseren Kader als beim WM-Triumph 1990. Mir ist es aber nicht gelungen, daraus eine Mannschaft zu formen. Davon abgesehen, gibt es strukturell und personell Parallelen zwischen 1994 und 2018? Wie gelang Ihnen damals die Neuausrichtung der National­ mannschaft? Ich habe bei bestimmten Spielern ganz konsequent einen Schlussstrich gezogen. Ich habe nur noch solche Spieler nomi- niert, die für mein System in Frage kamen und die bereit waren, wenigstens zehn EM-Titel 2020 sein. Doch schon die Qualifikation für diese Endrunde wird kein Selbstläufer sein. Hierfür gibt es ganz deutliche Signale. Zum Beispiel? Es muss uns zum Beispiel nachdenk­ lich stimmen, dass in der kürzlich beim FIFA-Meeting in London verkündeten Weltauswahl kein einziger deutscher Spieler vertreten ist. Nicht einer unter elf Spielern! Dabei spielte nicht nur unser Aus in der WM-Gruppenphase eine Rolle. Berücksichtigt wurde auch das internationale Auftreten unseres Vereinsfußballs. Da haben wir im Moment nur Bayern München als Vor- zeigeklub, wenn auch aktuell mit einigen Abstrichen. Alles andere ist ein langes Luftholen. Wolfgang Tobien

RkJQdWJsaXNoZXIy ODU0ODk=