CdN Magazin 37 ePaper

A K T U E L L I M B L I C K P UNK T CDN - MAG A Z I N 3 7 | 2 01 8 17 schöpfung, man müsse das alles „erstmal Paroli laufen lassen“. In der Bandbreite seines Schaffens und seines Erfolgs war er im deutschen Fußball am Ende wohl einmalig. Auch in seinem ganz eigenen Werdegang war der begeisterte Angler und Pferdezüchter das, gedul- dig, kraftvoll, unbeirrbar und stoisch wie ein westfälisches Kaltblut. Noch mit 24 Jahren spielte er Amateur- fußball und arbeitete als Dachdecker, bis er von Werner Lorant, seinem Trainer beim SC Westtünnen, zu Rot-Weiß Essen gelotst wurde, wo Lorant Profi war. Für RWE schoss er in einer Saison 42 Tore, bis heute Zweitligarekord. Günter Netzer holte ihn zum Hamburger SV, nicht ohne Schwierigkeiten, wie Netzer bei der Gala in Nürnberg launig erzählte. Weil Hrubesch auch einen Ver- trag bei Eintracht Frankfurt unter­ schrieben hatte, versteckte er ihn „in einem Hotel im Westerwald, bis alles geklärt war“. Damit nicht genug der Überraschungen. „Nach der Unterschrift sah ich Horst in Essen erstmals spielen. Er spielte so grausam. Ich dachte, er Dazu gehört die Bescheidenheit eines Mannes, der auch im Erfolg „nie den dicken Max“ machen wollte, wie er es formuliert hat. Netzers erster Transfer Als Hrubesch dann aber bei der Preis- verleihung in Nürnberg vor der Galerie der vormaligen Preisträger stand, Jahr- hundert-Kickern wie Alfredo di Stéfano oder Franz Beckenbauer, epochalen Trainern wie Alex Ferguson oder Ottmar Hitzfeld, da sah der große Hrubesch keinen Anlass mehr, sich klein zu ma- chen und die Bescheidenheit zu über- treiben. „Ich habe mein Licht oft unter den Scheffel gestellt“, sagte er in seiner Dankesrede. „Aber langsam glaube ich, dass ich wirklich so gut bin.“ So gut nämlich, dass man im Deutschen Fußball-Bund praktisch nichts gefunden hat, was er nicht konnte. Nur im ersten Job als Assistent von Erich Ribbeck beim EM-Debakel 2000 war er machtlos und auch ein wenig sprachlos. Immer- hin fand er dann die unsterbliche Wort- Man nannte ihn „Kopfballungeheuer“ – das war Ende der 70er-Jahre. Die Reak­ tionen, als er fast 40 Jahre später in Rente ging, zeigen: Das Ungeheuer war ungeheuer beliebt. Denn Horst Hru- besch, der sich mit zweimaliger Ver­ spätung dann doch noch mit seiner Frau auf die lang geplante Reise um die Welt zum Traumziel Neuseeland gemacht hat, ist von einer ganz eigenen Spezies. In seinen fast zwei Jahrzehnten beim DFB wurde er das wahrscheinlich popu- lärste Beispiel dafür, dass das Gute, Alte, Ehrliche im Fußball noch lebendig ist. Zum Abschied, nach dem letzten Spiel mit der Nationalelf der Frauen, gab es Currywurst und Pommes, danach Schokoladenkuchen. Lieblingsgerichte des Ruhrgebietskinds Horst Hrubesch, das seine Wurzeln nie vergessen hat. Bei der Verleihung des Walther-Bense- mann-Preises für sein Lebenswerk durch die Deutsche Akademie für Fußballkultur im Oktober dankte er seiner 88-jährigen Mutter, die ihm und den fünf Geschwistern die Werte vermittelte, die ihn bis heute prägen. MENS CH HRUB E S CH – VOM DACHDECK E R ZUM GROS S EN G LÜCKS FA L L F ÜR DEN DEUT S CHEN F U S S BA L L ZUM AB S CH I ED E I NE CURRYWUR S T Horst Hrubesch war ein Spätentwickler, zu Beginn wurde er mitunter sogar belächelt. Und dann? Kapitän, Kopfballungeheuer, König. Beim HSV, in der Nationalmannschaft, beim DFB. Wenn der frühere Dachdecker Ende dieses Jahres seine Laufbahn beim DFB offiziell beendet, ist Hrubesch (67) längst als ein Großer in die deutsche Fußball-Geschichte einge- gangen. Ein ganz besonderer Mensch, der Glaubwürdigkeit und Selbstvertrauen, Ehrlichkeit und Bescheidenheit, Charakter und Persönlichkeit vorlebte und noch immer ausstrahlt.

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