CdN Magazin 37 ePaper

A K T U E L L I M B L I C K P UNK T CDN - MAG A Z I N 3 7 | 2 01 8 19 lösung in Sicht war, bis die noch in der Schweiz gebundene Martina Voss-Teck- lenburg frei wurde, sagte Hrubesch den typischen Hrubesch-Satz: „Ehe wir irgendwas machen, mache ich es lieber selbst.“ Ein Satz, mit dem die seiner Frau für den Ruhestand versprochene Neu- seeland-Reise zum zweiten Mal ver- schoben war. Und mit dem Hrubesch im deutschen Fußball endgültig zum Mädchen für alles geworden war – nun auch für seine „Mädels“. Eine Win-Win-Situation „Ich bin froh, dass ich es gemacht habe“, sagte er, nachdem er neben der WM- Qualifikation auch die Verjüngung der Mannschaft und die Rückkehr von Spaß und Selbstvertrauen geschafft hatte. Eine der „Kleenen“, wie er sie nannte, „weil sie meine Enkelinnen sein könn- ten“, Lina Magull, fand, von ihm lerne man nicht nur fürs Spiel, „auch fürs Leben“. Zugleich ist es typisch für Hrubesch, dass sein Wirken nie eine Einbahnstraße war, dass also auch er selbst stets von seinen Zöglingen lernte. Eine Win-Win-Situation ganz eigener Art: Die „Kleenen“ wurden durch ihn erwachsener und er durch sie jünger. Deshalb wirkt Hrubesch auch mit 67 nicht wie einer, der genug hat von dem, was er ein halbes Leben lang tat. „Im Frauenfußball ist vieles so, wie zu meiner Anfangszeit als Spieler“, sagte er zum Abschied. „Wir haben hier nicht diese irren Summen wie bei den Männern, sondern Ehrlichkeit. Wenn ich 60 wäre, würde ich weitermachen.“ Aber Hru- besch ist 67, so extrem hat die Verjün- gungskur im Frauenfußball dann doch nicht gewirkt. Außerdem, die Zukunft, das Morgen, spielt in seiner Gegenwart keine Rolle. Hrubesch genießt den Moment mit seiner Frau, in Neuseeland, auf einer Reise, die auf keinen Fall ein drittes Mal verschoben werden durfte. Christian Eichler im Leben des Horst Hrubesch. Die an­ dere war nicht weniger wundersam: Die vom glücklosen Vereinstrainer, der in den ersten zehn Jahren nach der Spielerlaufbahn nur eine Handvoll kurzzeitiger Engagements erlebte, zum dauerhaften Glücksfall für den deut- schen Fußball. Zu dem Mann also, der im Dienst des DFB einfach nichts falsch machen konnte: als Juniorentrainer, Sportdirektor, Olympia-Coach, Frauen- trainer, als Missionar für jede Gelegenheit. Plötzlich war er wieder da Während manch gefeierter Erfolgstrainer neben Trophäen auch Trümmer hinter- lassen hat, wurden Hrubeschs Spieler, mit gütiger Strenge und kantiger Ehr­ lichkeit geführt, auch nach ihm immer besser – allen voran seine U21-Europa­ meister von 2009, der spätere Kern der Weltmeisterelf von 2014. Seinemensch­ liche Art schuf Vertrauen und Verbun- denheit, Hrubesch hinterließ nie ver- brannte Erde, immer fruchtbaren Boden. Als sein Olympia-Team im August 2016 vom Finale in Rio im Maracanã mit der Silbermedaille heimkehrte, die gefühl- tes Gold war angesichts der dramati- schen Niederlage im Elfmeterschießen gegen Brasilien, sollte das eigentlich der funkelnde Abschluss seines Werde- gangs sein. Auf der Website des DFB konnte Hrubesch damals lesen, dass er „als ein Großer in die Geschichte des DFB eingeht, sowohl als Trainer als auch als Spieler. In dem Bewusstsein kann er sich mit jetzt 65 Jahren zurückziehen auf seinen Bauernhof in der Lüneburger Heide und seinen Hobbies frönen: Pferdezucht und Angeln“. Doch fünf Monate später war er wieder da, eingesprungen als Sportdirektor anstelle des überraschend zurückgetre- tenen Hansi Flick. Und als er in dieser Funktion im März 2018 die Frauen-Bundestrainerin Steffi Jones entlassen musste und keine passende Interims­ 6 5

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