CdN Magazin 37 ePaper

21 VOR 6 0 JA H R E N CDN - MAG A Z I N 3 7 | 2 01 8 Der Wecker klingelte morgens um drei, und das am zweiten Weihnachtsfeiertag. Wer so früh aufsteht, wenn alle anderen selig schlummern, der muss Großes vorhaben. Max Morlock, Weltmeister von 1954, hatte Großes vor. Die letzte Länder- spielreise seiner Karriere führte den Nürnberger nach Ägypten – und sie war zugleich die erste einer deutschen Nationalelf, mit der diese die Grenzen Europas verließ. Vor genau 60 Jahren startete ein Abenteuer, das den Gebrauch der Floskel von der „Reise ins Ungewisse“ rechtfertigte. Schon ein Jahr zuvor stand eine Reise nach Ägypten im Raum, damals aus Anlass der deutschen Industrie-Ausstellung in Kairo und angeregt vom deutschen Botschafter. Ein Jahr später war es soweit. Diese Reise erfolgte auf Einladung des Ägyptischen Fußballverbandes, und sie war für alle ein echtes Abenteuer. Die Planungen waren entsprechend akribisch. Wie ist das Wetter in Ägypten? Müssen bei der Verpflegung Besonderheiten beachtet werden? Welche Bekleidung ist vor Ort angemessen und empfehlenswert? Informationen, die heute einen Klick entfernt sind, erforderten damals ausführ­ lichen Briefwechsel mit dem deutschen Botschafter in Kairo und dem Auswärtigen Amt. Vor Reiseantritt erhielten die Spieler eine detaillierte Auflistung der mitzuführenden Dinge: „Min- destens 3 Oberhemden, 3 Garnituren Unterwäsche, Wasch- zeug, wenigstens 3 Taschentücher, 2 Handtücher, bestenfalls Perlonsocken, die täglich auszuwaschen sind, dafür eine Tube Waschmittel, Schlafanzug, Badehose, Sonnenbrille.“ Sportlich war einiges im Unklaren. Wenig bis nichts wusste man über den Gegner aus dem Morgenland. Zudem war nicht einmal geregelt, ob die beiden Partien mit den Ägyptern als offizielle Länderspiele zählen würden. Die Gastgeber wollten es gerne, aber die deutsche Seite hatte so ihre Bedenken und zögerte mit der Zustimmung. Man wollte sich ja nicht blamieren und die Gefahr bestand durchaus zu einem derart ungewöhnlichen Termin, der bei vielen Spielern aus nachvollziehbaren Gründen nicht sonderlich beliebt war. Im Gepäck: ein Tannenbaum Nach Ägypten ging es ohne Uwe Seeler, Horst Szymaniak, Helmut Haller, Rolf Geiger und Aki Schmidt, um nur einige zu nennen – da schlug die Stunde des zweiten Anzugs. Die Mannschaft versammelte sich am 26. Dezember um 11:30 Uhr im Stadtbüro der schweizerischen Fluggesellschaft „Swiss Air“ in unmittelbarer Nähe des Frankfurter Haupt­ bahnhofs. An Bord des Flugs waren nicht weniger als neun Neulinge, die natürlich alle schon in Herbergers Notizbuch Immer wieder hat die deutsche Nationalmannschaft in fremden und fernen Ländern überwintert. Die Winterreisen der Nationalmannschaft begannen im Dezember 1958, heute vor 60 Jahren. Die Nationalmannschaft verließ zum ersten Mal die Grenzen Europas, es ging nach Ägypten, ins Land der Pharaonen.

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