CdN Magazin 32 ePaper

8 A K T U E L L I M B L I C K P UNK T WM - QUA L I F I K AT I ON „Der große Rückhalt in unserem Topteam 1981/82 war eine Weltklasse-Abwehr. Mit Schumacher hat- ten wir einen überragenden Torwart. Und unsere Abwehrkette, zumeist mit Kaltz, Stielike, Karlheinz Förster und Briegel (hin und wieder ergänzt durch meinen Bruder Bernd), erfüllte höchste internationale Ansprüche. Wie damals üblich spielten wir mit Libero. Da aber Uli Stielike sich häufig ins Mittel- feld und noch weiter nach vorne einschaltete, waren wir auch taktisch sehr variabel. Mit Boateng und Hummels sind auch in der heutigen modernen Abwehr zwei absolute Spitzenkönner in der Innendeckung am Ball. Besonders gefällt mir, wie problemlos die Mannschaft, gerade auch während des Spiels, diverse Abwehrsysteme praktizieren und wechseln kann. Luft nach oben sehe ich auf den Außenpositionen. Hector hat bei seinen Vorwärtsaktionen (noch) nicht die Wucht und Wirkung wie damals Hans-Peter Briegel. Auf der rechten Seite ist Kimmich ein Supertalent mit enormem Offensivdrang bis zur gegnerischen Torauslinie. Im Hinblick auf die WM- Endrunde hoffe ich bei seinen Flanken auf die Präzision und Effizienz der „Bananen“ von Manfred Kaltz, die zu vielen Toren führten und der darüber hinaus in der WM-Qualifikation bei seinen acht Einsätzen fünf Treffer erzielte.“ Kh. Förster In den zwei Jahren seit dem Spannungs- abfall nach dem EM-Turnier 2016 ent- stand in der großen Gruppe aus Jung und Alt eine neue Zielstrebigkeit und Energie, die sie erfolgreich auch durch die Schlussphase der WM-Qualifikation und den Weltmeister wieder auf Platz 1 der FIFA-Weltrangliste führten. Gleichzeitig entwickelte sich eine hohe soziale Kompetenz. Der vielzitierte Team- geist entstand – ein Faktum, das beim WM-Unternehmen 1981/82 schmerzlich vermisst wurde. Darüber hinaus sorgten bei der WM-Endrunde der „Nichtan­ griffspakt“ mit Österreich zu Lasten der Algerier, den, so Stielike, „die FIFA mit ihrem katastrophalen Spielplan mit ver- ursacht hatte“, Beschimpfungen und Wasserbeutel gegen die Fans oder Schumachers brutales Foul gegen den Franzosen Patrick Battiston für einen erheblichen Imageschaden. Dass dieses Team dennoch ins Finale kam, kann auch als Bestätigung für seine große fußballe- rische Qualität gewertet werden. Chaotische Rückreise zum Finale Der größte Unterschied zwischen den beiden so unaufhaltsam durch die WM- Qualifikation gestürmten deutschen Non-Stop-Teams wird aber erst im Juni 2018 bei der Vorbereitung und dann in Russland im Rahmen des Trainings deut- lich werden. 1982 fand direkt nach Bundesliga-Ende ein siebentägiges Regenerationslager am Schluchsee statt. Dort und danach in den ersten Wochen im WM-Quartier in Gijon, einem grauen Betonklotz an einer großen Verkehrsstra- ße, war der Fokus zu wenig auf das Sport- liche gerichtet. So sehen es zumindest einige der beteiligten Spieler. „Erst nach der Auftaktniederlage gegen Algerien wurde richtig trainiert“, erinnert sich Hans-Peter Briegel. „Doch die Defizite Hans-Peter Briegel über das Mittelfeld 1981/82 und 2017/18 Karlheinz Förster über die Abwehr 1981/82 und 2017/18 „Von der individuellen Klasse her war unser Mittelfeld absolut hochkarätig besetzt, bisweilen aber auch enorm offensiv ausgerichtet. Beim 2:0 im Qualifikations- spiel gegen Österreich in Hamburg kümmerten sich mit Schuster, Magath und Hansi Müller sowie mit Breitner dreieinhalb Regisseure um den Spielaufbau. Nach dem Rücktritt von Bernd Schuster mitten in der Quali-Phase und der fast gleichzeitigen Rückkehr von Paul Breitner sowie mit und nach dem Debüt von Wolfgang Dremmler war die Balance zwischen offensiven und defensiven Kräften im Mittelfeld vor allem gegen die starken WM-Gegner in Spanien etwas ausgeglichener. Im heutigen Team ist natürlich ein Weltklassespieler wie Toni Kroos mit seiner herausragenden Übersicht und Ballsicherheit als Ord- nungsfaktor gesetzt. Auch Khedira und Özil halte ich dank ihrer Klasse für feste Größen, die freilich um ihren Stammplatz kämpfen müssen. Denn vor allem mit Ru- dy, aber auch in Draxler, Goretzka und einem hoffentlich bald wieder einsatz­ bereiten Gündogan sehe ich starke Konkur- renten als alternative Optionen. Eine solch tolle personelle Vielfalt hatten wir bei der WM 1982 nicht. Lothar Matthäus gab zwar mit 21 Jahren seinen WM-Einstand, kam aber nur zweimal als Einwechselspieler zum Zug.“ H.-P. Briegel

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