CdN Magazin 33 ePaper

24 VOR 2 5 JA H R E N CDN - MAG A Z I N 3 3 | 2 017 gesiegt. Rauchen auf der Trainerbank wäre heute allein schon wegen der Vorbildfunktion undenkbar. Lassen Sie uns noch kurz über seinen und Ihren größten Erfolg sprechen, den Triumph 1983 im Europapokal der Landesmeister, wie die Champions League damals noch hieß. Wie war er vor dem Spiel gegen Juventus Turins Starensemble um Michel Platini und wie verhielt er sich danach? Völlig anders als sonst. Vor dem Spiel hat man gemerkt, welch hohen Stellen- wert dieses Spiel für ihn hatte. Da hat er schon bei der Platzbesichtigung auf uns eingeredet wie einWasserfall. Da hat man seine Nervosität unmittelbar gespürt. Und nach dem Abpfiff …? … ist er rumgesprungen, wie wir es vor- her nie von ihm erlebt haben. Dies war für ihn die ganz große Bestätigung als Trainer in der Bundesliga. Seit Happels Weggang 1987 hat der HSV bis heute keinen Titel mehr ge- wonnen. War und ist Ernst Happels Schatten in Hamburg zu groß? Diese großartige Ära nur mit Ernst Happel zu verbinden, wäre nicht richtig. An dieser Stelle muss man betonen, welch wichtige Rolle Günter Netzer als HSV-Manager damals gespielt hat. Nicht nur weil es ihm gelang, diesen Trainer mit seinen großen Erfolgen nach Ham- burg zu lotsen. Sondern auch welchen Einfluss er mit seinen vielen Gesprä- chen auf uns Spieler hatte. Und nicht vergessen darf man Wolfgang Klein als damaligen HSV-Präsidenten. Happel, Netzer und Klein – das war ein einzig­ artiges Gesamtpaket. Das gesprengt wurde, als Netzer 1986 als HSV-Manager aufhörte? Ich glaube, das war der Hauptgrund, warum ein Jahr später auch Ernst­ Happel den HSV verließ. Er spürte in­ stinktiv, dass jetzt etwas auseinander zu bröckeln begann, dass ein größerer Um- bruch bevorstand. Mit dem Pokalsieg 1987 hat er im Rückblick den richtigen Zeitpunkt getroffen. Interview: Wolfgang Tobien War er also einer, der ganz besonders auch Spieler besser gemacht hat? Ja. Mit seinem klaren Auge für die be- sonderen Qualitäten eines Spielers hat er nicht nur Mannschaften stärker, sondern auch jeden einzelnen Spieler besser gemacht. Mit dem Resultat, dass der HSV unter Happel so viele National- spieler wie nie zuvor und auch nie wieder danach abstellen konnte. Hat sein besonderes Augenmerk auf totale Fitness Ihnen geholfen, mit 42 Jahren, fünf Monaten und 19 Tagen zum bis heute ältesten Torwart aller Bundesliga-Zeiten geworden zu sein? Mit Sicherheit. Ernst hat mir immer ge- sagt, je älter du wirst, desto mehr musst du für deine Fitness tun, um die Form auf dem hohen Niveau zu halten. Das habe ich nie vergessen. Im Juni 1983 haben Sie im Spiel gegen Jugoslawien für Deutschland debü- tiert. Welchen Anteil hatte Happel an Ihrem Aufstieg zum Torwart der Nationalmannschaft? Als ich 1980 zum HSV kam, war Jupp Koitka die Nr. 1 und blieb es über die gesamte Saison. Mit Happels Antritt ein Jahr später kam es dann zur Wachab­ lösung im Tor, womöglich weil ich als der bessere Fußballer geeigneter für sein System war. Happel war unter anderem National- trainer in den Niederlanden und Öster­ reich. Hätten Sie mit ihm als Bundes- trainer des DFB mehr als nur sechs Länderspiele absolviert? Da bin ich mir ganz sicher. Ich war ja kein einfacher Spieler, weil ich nicht nur einen hohen Anspruch an mich selbst, sondern auch an meine Mitspieler hatte. Auch nach seiner Hamburger Zeit hat er immer wieder betont, dass er mich nie und nimmer rausgeschmissen hätte. Das war für mich das größte Kompliment. Was konnte Happel als Trainer speziell einem Torwart vermitteln? Außer der besonderen taktischen Rolle des Torwarts, die er mir damals bei­ gebracht hat und die danach mein Torwart-Spiel geprägt hat, konnte Ernst Happel mit Torhütern nichts anfangen. „Torhüter“, so sagte er oft, „stelle ich nur auf, damit wir mit elf Spielern anfangen können“. Außer Ihnen hat Happel auch Milewski, Rolff, Kroth oder Hieronymus zu Län- derspielehren verholfen. Spieler wie Magath, Kaltz, Hrubesch oder Jakobs haben in seiner Zeit – auch in ihren Rollen in der Nationalmannschaft – noch einmal einen Sprung gemacht. Wären Sie, aber auch andere heutige CdN-Mitglieder wie Magath, Hrubesch oder Hartwig, tatsächlich, wie es heißt, für Happel durchs Feuer gegangen? Das stimmt uneingeschränkt. Weil wir alle und ganz besonders auch Hrubesch und Magath von ihm total überzeugt waren. Happel gilt als großer Grantler. Sie haben ihn auch anders kennengelernt. Wie würden Sie den Mensch Happel beschreiben? Im Umgang mit uns hat man gemerkt, dass er ein Mann aus dem Leben war. Mit einem feinen hintersinnigen Humor. Mit einem guten Spruch, mal auch einer flapsigen Bemerkung, allerdings immer zum richtigen Zeitpunkt. Ich kam damit total klar. Wäre der Ernst Happel der 80er-Jahre auch heute ein erfolgreicher Bundes­ liga-Coach? Unser System von damals ist ja heute das große aktuelle Zauberwort im deut- schen Fußball. Logisch wäre er heute noch erfolgreich. Auch mit der Zigarette im Mund auf der Trainerbank? Das glaube ich allerdings nicht. In diesem Fall hätte bei ihm, der sich als Lebemann ansonsten nichts hatte ver- bieten lassen, die Liebe zum Fußball über seine Leidenschaft zum Rauchen « LOG I SCH WÄRE E R HEUTE NOCH E R FOLGRE I CH . »

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