CdN Magazin 33 ePaper

43 WE I HNACH T S TOU RN E E N D E R DD R - AU SWA H L CDN - MAG A Z I N 3 3 | 2 017 Vor dem Anpfiff in Tunis gab es für die Gastgeber eine peinliche Panne. Beim Protokollpunkt „Abspielen der National­ hymne“ passierte nichts. Die Organisa- toren hatten keine Schallplatte mit der DDR-Hymne auftreiben können. Das Länderspiel in Gefahr? Keineswegs! Trainer Heinz Krügel, in guter Stimmung als sehr gesellig und sangeslustig be- kannt, beorderte seine Mannen kurzer- hand um den Fahnenmast und stimmte einfach an. Die Spieler sangen aus Lei- beskräften, bis die Flagge in einer kräf­ tigen Mittelmeerbrise flatterte. Auch beim zweiten Länderspiel gab es bereits vor dem Anstoß einen Höhepunkt. Waldemar Mühlbächer ließ die 20.000 im Stade d’Honneur mit der Zunge schnalzen. Beim Aufwärmen schnappte sich der Berliner die Kugel und zeigte seine Rastelli-Nummer. Jonglierte also mit links und rechts, lupfte den Ball hoch, um ihn mit dem Nacken wieder aufzufangen und ihn dann die Arme entlang rollen zu lassen. Das Publikum johlte vor entzücken und bedachte den damals 23-jährigen DDR-Kicker mit stehenden Ovationen. Tore an Heiligabend Die „Jahresend-Tournee“ 1963 hatte es für die 18 DDR-Spieler wirklich in sich. Knapp vier Wochen waren sie in Burma (heute: Myanmar) und Ceylon (heute: Sri Lanka) unterwegs und hatten von Mitte Dezember bis Mitte Januar im- merhin elf Spiele zu bestreiten. Sogar am Heiligabend war für sie eine Be­ gegnung angesetzt! Gegen eine Aus- wahl aus Oberburma gelang ein unge- fährdeter 3:0-Erfolg. Viel Zeit, an die Lieben daheim zu denken, blieb aber nicht, denn schon am zweiten Feiertag ging es weiter. Der Vollständigkeit halber das Ergebnis: 10:0 gegen eine Distriktauswahl Mandalaye. schließlich standen in deren Reihen ein paar in Frankreich spielende Profis, die konnten auch kicken“, so Ducke. Kein Besteck, dafür Beton Auch Rainer Nachtigall hatte mit der Einladung zur Afrika-Reise schon An- fang Dezember 1960 sein Weihnachts- geschenk bekommen. Für ihn und seine Mitspieler wurde es wirklich eine Reise in eine völlig andere Welt. Ein Beispiel: Als der Kellner beim abendlichen Bankett mit einer Zinkkanne an die Tafel kam, lehnten die DDR-Spieler den ver- meintlichen Tee dankend ab. Dabei be- fand sich in der Kanne ganz normales Wasser zum Hände waschen. Das hatte seinen guten Grund. Die leckeren Sachen, die auf der gut gedeckten Tafel standen, wurden mit den Händen ge- gessen. Andere Länder, andere Sitten. „Aber auch bei der Regelauslegung“, erinnert sich Rainer Nachtigall. „Da gab es für uns ordentlich auf die Socken, aber kein Pfiff ertönte! Wer weiß, woher die Schiedsrichter kamen und dazu oft auf Plätzen, die hart wie Beton waren! Aber, wir haben es ja überlebt ...“ 1_Helmut Stein, Fritz Feister, Helmut Blochwitz und Bernd Bransch suchen auf einem Globus das nächste Reiseziel. (Aus dem Buch „Fussball informativ“, DDR-Sportverlag.) 2_Die DDR-Nationalmannschaft vor den Pyramiden von Gizeh. (Aus dem Archiv von Werner Wolf, dem ehemaligen Co-Trainer der DDR-Nationalmannschaft.) 1 2

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