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„Guten Tag, Herr Hofmann, wie geht

es Ihnen? Haben Sie sich von Ihrem

Autounfall gut erholt?“ Der Ange-

sprochene ist perplex, zeigt sich

aber schlagfertig: „Ach, danke, gut,

Herr Keenich!“ Diese Antwort ver-

schafft ihm seinen Spitznamen, den

er bis ans Lebensende tragen wird:

„König Richard“. Beeindruckend

seine Bilanz, 24 Tore in insgesamt

25 Länderspielen!

Den beschriebenen 5:3-Erfolg gegen

Ungarn hatte auch ein lang aufge-

schossener, schmächtiger Bursche

als Balljunge verfolgt. Sieben Jahre

später feiert der Dresdner gegen

Schweden ein glanzvolles Debüt im

Nationaltrikot, schießt beim 5:0-Er-

folg zwei Tore. Die Rede ist von Hel-

mut Schön, dem Sohn eines Kunst-

händlers, der gern in die Oper geht

und Medizin studieren will. Aber

0:3 scheinbar aussichtslos im Hinter-

treffen, dreht plötzlich auf. Als der

Schiedsrichter das Länderspiel ab-

pfeift, haben die Deutschen mit 5:3

gewonnen! Das euphorisierte Dresd-

ner Publikum stürmt den Rasen und

trägt seine Helden auf den Schultern

vom Platz. Da Fußballspiele inzwi-

schen auch im Rundfunk übertragen

werden, verbreitet sich die Kunde von

dieser Aufholjagd wie ein Lauffeuer

durchs Land.

Richard Hofmann hatte seinen un-

glaublichen Bekanntheitsgrad zuvor

durch drei Tore beim 3:3 im Länder-

spiel im Frühjahr 1930 gegen Eng-

land begründet. Wenig später geht

es für das DFB-Team nach Kopen­

hagen. Vor dem Spiel Empfang beim

dänischen König. Seine Majestät

beweist bei der Begrüßung des Tor-

jägers perfektes Detailwissen:

dem Krieg arbeitet der ewige Fuß-

ball-Enthusiast als Journalist. Im

Frühjahr 1958 steht der Ex-National-

spieler – inzwischen 73 und Rentner –

vor Gericht und bekommt fünfeinhalb

Jahre Zuchthaus wegen „Wühl- und

Zersetzungsarbeit gegen die DDR“.

Sein Vergehen: Für den von den

sowjetischen Besatzern verbotenen

Dresdner SC wollte er das Jubiläums­

fest „60 Jahre DSC“ vorbereiten.

„Hofmann vor, noch ein Tor!“, hallt

es im September 1930 durch das

Dresdner Ostragehege. Die 50.000

sind völlig aus dem Häuschen,

Männer werfen vor Begeisterung ihre

Hüte und Zylinder in die Luft. Richard

Hofmann hat nach unwidersteh­

lichem Solo mit strammem Schuss

abgeschlossen. Dieser Anschluss-

treffer ist das Signal. Deutschland,

gegen Ungarn zur Halbzeit noch mit

KAPITÄN BEIM LETZTEN LÄNDERSPIEL DER DDR-AUSWAHL IM SEPTEMBER 1990:

MATTHIAS SAMMER ERZIELTE BEIDE TREFFER ZUM 2:0-SIEG GEGEN BELGIEN IN BRÜSSEL.