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AUF DEM WEG ZUR EURO 2016
DOUBLE IM V ISIER
In Frankreich wollen die deutschen Weltmeister von 2014 mit dem EM-Gewinn das Double schaffen
Da Capo!
ZU - GA- BE !
Das waren noch Zeiten. Am 12. Juni
endete die Bundesliga-Saison 1975/76,
am 13. Juni trafen sich die deutschen
Nationalspieler in der bayerischen
Sportschule Grünwald, am 15. Juni
flogen sie nach Jugoslawien, wo am
16. Juni die Fußball-Europameister-
schaft begann, am 17. Juni begann
für den Titelverteidiger das Turnier in
Belgrad mit dem in der Verlängerung
erkämpften 4:2-Erfolg über das Gast
geberland, und am 20. Juni war auch
schon alles vorbei, als die Mann-
schaft von Bundestrainer Helmut
Schön das Finale gegen den Außen-
seiter Tschechoslowakei nach einem
2:2 über 90 und 120 Minuten im Elf-
meterschießen 3:5 verlor.
Ein Saisonausklang wie im Zeitraffer.
Regenerationstage, Trainingslager
und Testspiele wie heute vor großen
Turnieren waren vor vierzig Jahren
noch nicht an der Tagesordnung. Wie
auch das mediale Nachbeben nach
einem zweiten Turnierplatz. „Unser
zweiter Platz hat in Deutschland
keinen interessiert“, sagt der Frank-
furter Bernd Hölzenbein, der damals
in Belgrad dabei war.
Zwei schwarz-weiße Fernsehbilder
von diesem „Turnierchen“ für vier
Teams haben sich dabei im kollekti-
ven deutschen Fußballgedächtnis
eingenistet: Wie Uli Hoeneß seinen
Strafstoß in den Himmel über Bel-
grad schoss und damit das Schlitzohr
Antonin Panenka („bei uns Tschechen
ist jeder ein kleiner Schwejk“) dazu
einlud, mit dem letzten, in die Mitte
des Tors gechippten Treffer dieses
Turniers, Sepp Maier zu verladen und
den Überraschungseuropameister
zu krönen.
Es war die erste Entscheidung per
Elfmeterschießen in einem großen
internationalen Turnier und es blieb
bis heute das einzige Elfmeterschie-
ßen, das eine deutsche National-
mannschaft bei einem großen Turnier
verlor. Der Mönchengladbacher Rainer
Bonhof, der 1974 gemeinsam mit
Hoeneß beim Münchner 2:1-Endspiel-
sieg über die Niederlande Weltmeister
wurde, sagt heute über den Fehl-
schuss seines früheren Mitstreiters
vom FC Bayern von vor vierzig Jahren:
„Der Ball ist immer noch im Orbit.“
Die Gesetzmäßigkeiten irdischer
Schwerkraft aber konnte selbst
Hoeneß’ fehlgesteuerter Versuch
nicht aufheben, und so war zum Ab-
schluss dieser EM im nicht einmal
halb gefüllten Roter-Stern-Stadion
von Belgrad so viel festzuhalten:
Die erste Auswahl des Deutschen
Fußball-Bundes (DFB) hatte ihre his-
torische Chance, als erste National-
mannschaft nach der Weltmeister
schaft auch die Europameisterschaft
zu gewinnen, vergeben. Hätte sie den
Kraftakt von Belgrad erfolgreich ge-
schultert, wäre das die Gelegenheit
gewesen, sogar ein Sieger-„Triple“
zu feiern: glanzvoller Europameister
Zweimal war die deutsche Nationalmannschaft als amtierender Weltmeister bei der folgenden
EM-Endrunde im Endspiel an Außenseitern gescheitert. Bernd Hölzenbein und Rainer Bonhof,
Weltmeister von 1974, sowie Guido Buchwald und Stefan Reuter, Weltmeister von 1990,
erklären das finale Aus bei den EM-Turnieren 1976 und 1992. Und sie begründen ihre
Zuversicht, warum sie dem aktuellen Nationalteam mit dem WM-Titel 2014 im Gepäck jetzt
bei der EURO in Frankreich die Zugabe zum Double zutrauen.