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ihrer noch immer großen Qualität

Europameister werden können, sie

spielen ja nebenan in Frankreich und

nicht in einer anderen Zeit- oder

Klimazone.“ Allein Rainer Bonhof

wäre auch mit etwas weniger zufrie-

den: „Wir haben eine gute Truppe

beisammen“, sagt er, „wenn der Zu-

sammenhalt vom ersten Spiel an da

ist, können wir relativ weit kommen.

Das heißt für Deutschland, min­

destens Halbfinale. Die Mannschaft

wird wie immer gut vorbereitet nach

Frankreich kommen und kann, wenn

sie gut startet, danach auf einer

kleinen Welle schwimmen.“

Käme der dreimalige europäische

Champion (1972, 1980 und 1996) ins

Endspiel und begegnete dort einem

Mitfavoriten, müsste man sich ver-

mutlich weniger Sorgen machen.

Was aber, wenn abermals ein Außen-

seiter den deutschen Ambitionen in

die Quere käme? Da gilt nicht, was

einmal war, sondern der alte Grund-

satz: neues Spiel, neues Glück.

Roland Zorn

auf die drei nach dem Titelgewinn von

Rio gegen Argentinien zurückgetrete-

nen Routiniers Philipp Lahm, Miroslav

Klose und Per Mertesacker.

Reuter: „Kapitän Lahm war unglaub-

lich wichtig und wertvoll für die

Mannschaft, Klose war immer gut bei

den großen Turnieren und Mertes-

acker bestach als eine stabile Größe.

Ich kann mir vorstellen, dass sie das

schaffen, was Frankreich (1998 Welt-

meister, 2000 Europameister) und

noch eindrucksvoller Spanien schon

gelungen ist.“ Auch Reuters ehema­

liger Nationalmannschaftskollege

Guido Buchwald sieht optimistisch

auf das bevorstehende Turnier. „Wenn

man es schafft, eine verschworene

Truppe aufzubauen, stehen die Aus-

sichten auf den Titelgewinn sehr

gut. In der Breite des Kaders hat

Deutschland die beste Truppe aller

EM-Teilnehmer.“

Ähnlich zuversichtlich äußert sich

Bernd Hölzenbein. „Es spricht nichts

dagegen, dass die Deutschen mit

einer der Weltmeister 1990 und EM-

Endspielverlierer zwei Jahre später,

den Gegner von damals.

„We are red, we are white, we are

Danish dynamite“, lautete damals

der Schlachtruf der zu Tausenden

angereisten dänischen Fans. Ein

Motto, das sich die Mannschaft um

den überragenden Torwart Peter

Schmeichel zu eigen machte. „Die

hatten im Finale einfach den grö­

ßeren Willen als wir“, verweist Buch-

wald auf den vielleicht entschei­

denden Unterschied im Finale.

Zum zweiten Mal war damit die

Chancedahin, aus einem WM-Triumph

bei der nachfolgenden EMmaximales

Kapital zu schlagen. Das hing auch

damit zusammen, dass nach beiden

Weltmeisterschaften Stützen der

Mannschaften wie die zurückgetrete-

nen Gerd Müller, Wolfgang Overath

oder Jürgen Grabowski 1976 nicht

mehr dabei waren. Oder 1992 wegen

Verletzungen passen mussten wie

Lothar Matthäus, der wegen eines

Kreuzbandrisses fehlte, und Rudi

Völler, der sich vor 24 Jahren im

ersten EM-Gruppenspiel gegen die

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

(1:1), dem Zusammenschluss ehe­

maliger Teilrepubliken der unterge-

gangenen Sowjetunion, denArmbrach.

Ohne Matthäus und Völler und ohne

den letzten Punch zündete letztlich

„Danish Dynamite“ im Endspiel und

nicht die spielerisch größere Klasse

des Weltmeisters. „Meines Erach-

tens“, sagt Guido Buchwald, „hätten

wir seinerzeit von zehn Spielen neun

gegen Dänemark gewonnen. Doch

mit ihrer unglaublichen Dynamik

wurden die Dänen verdientermaßen

Europameister.“

Die zweite Chance auf das Double

war damit auch vertan. Ob nun der

dritte Anlauf mit einem aktuellen

WM-Titel im Gepäck bei der Europa-

meisterschaft in Frankreich klappt,

wo die deutschen Weltmeister von

2014 eine Art „Da Capo“, die Zugabe

im Nachbarland anstreben? Stefan

Reuter sagt, „die Chancen stehen gut,

auch wenn wichtige Stützen des

Weltmeisters fehlen“ und verweist

DIETER MÜLLER WIRD MIT VIER TREFFERN EM-TORSCHÜTZENKÖNIG 1976:

DEN TITEL ABER GEWANN DIE CSSR.