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AKTUELL IM RÜCKBLICK

20. JUBILÄUM DES 3. EM-TITELGEWINNS

Matthias Sammer und sein „Riesenanteil“ 1996 am Triumph in England

Bierhoff, erst in der 69. Minute für

Mehmet Scholl eingewechselt, hatte

Patrik Bergers Foulelfmeter-1:0 –

Sammer hatte Karel Poborsky an der

Strafraumecke, allerdings außer-

halb, weggegrätscht – erst ausge­

glichen (73.) und dann in der fünften

Minute der Verlängerung das Siegtor

erzielt. „Ui, da sieht der Torwart aber

nicht gut aus“, schoss es Sammer zu­

allererst durch den Kopf, als Tsche-

chiens Schlussmann Petr Kouba den

Ball über die Hände gleiten ließ.

Dieser Fehlgriff wirkte sich fatal aus,

weil er erstmals bei einem großen

Turnier das Golden Goal ermöglichte

und den sofortigen Abpfiff bedeutete.

„Eine Modeerscheinung damals“,

sagt Sammer heute über diese Rege-

lung. Er findet es „gut, dass sie wieder

abgeschafft wurde“. An jenem 30. Juni

1996 sicherte das Golden Goal der

deutschen Mannschaft den kontinen-

talen Titel, erstmals wieder nach

1980 und 1972, also zum dritten Mal.

„Turnierfavorit waren wir nicht“, sagt

Sammer, der mit Rückenbeschwer-

den in die damaligen englischen

Wochen ging. „Aber: Wir waren ein

Team.“ Der damalige Bundestrainer

Berti Vogts prägte und predigte sei-

nerzeit seine Losung: „Der Star ist die

Mannschaft.“ In jener Situation und

für die damalige Mannschaft sei es

„die hundertprozentig richtige Ent-

scheidung“ gewesen, diese Botschaft

auszusenden, so Sammer, der diesen

Ansatz Anfang der Nuller-Jahre und

in seiner Funktion als DFB-Sport­

direktor von 2006 an kritisierte, weil

sie die Entwicklung der jugendlichen

Individualität blockiere und zu sehr

die Einheitlichkeit der Talente betone.

„Doch für dieses Turnier und eine

ausgereifte Mannschaft war dieser

Satz zutreffend, weil es nur über den

Zusammenhalt ging“, sagt Sammer.

„Wir wussten, dass wir ein Team

sein mussten, wenn wir eine Chance

haben wollten.“

Diesen gruppendynamischen Pro-

zess förderten die Ergebnisse in der

Die FREIHEI T,

die er meint

und nutzt

Thomas Häßler und Christian Ziege halsten und herzten Oliver Bierhoff, den Jürgen Klinsmann

und Stefan Kuntz Sekunden später zu Boden rissen in ihrer Begeisterung. Matthias Sammer

hingegen verfolgte in diesen euphorischen Momenten noch immer argwöhnisch den Vorgang

an der Seitenlinie. Dort unterrichte der Linienrichter den Schiedsrichter – Sammer kennt noch

heute dessen Namen: „Pairetto hieß er, ein Italiener“ – über seine Beobachtung, es ging um

eine vermeintliche Abseitsstellung von Kuntz bei Bierhoffs Torschuss. Doch nach kurzer

Diskussion erkannte der Unparteiische den Treffer an, 2:1 für Deutschland im EM-Finale 1996

im Wembley-Stadion.