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SERIE SCHLÜSSELSPIELER ( TEIL 6)
INNENSTÜRMER
Sie hießen Uwe Seeler und Gerd Müller, Klaus Fischer und Horst Hrubesch, Dieter Hoeneß und
Oliver Bierhoff. Auch Jürgen Klinsmann und Rudi Völler oder Miro Klose und Mario Gomez
darf man keinesfalls weglassen beim Rückblick auf die angeblich aussterbende Gattung der
Mittelstürmer und spektakulären Sturmspitzen der alten Schule. Sie hatten immer das Tor
im Auge – und dazu furchterregende Kampfnamen: Strafraumschreck, Sturmtank, Bomber,
Brechstange, Kopfballungeheuer, Knipser und Killer.
Über Kanoniere, Brecher und Ungeheuer im Strafraum – ein Nachruf als Aufruf zur Wiederbelebung
Vor einiger Zeit gab es eine Werbe-
kampagne namens „Sie lieben
Sport?“, und im Mittelpunkt der
ganzseitigen Anzeigen stand ein
Grabstein, in den ein Fußball graviert
war und der Vermerk: „Paul Mücke.
Eingewechselt 28.01.1939. Aus­
gewechselt 13.10.2002.“ Soviel Witz,
werden viele sagen, gehöre nicht auf
den Friedhof. Um aber dem Vorwurf
der Pietätlosigkeit die Schärfe zu
nehmen, gehen wir jetzt einfach da-
von aus, dass die Grabschrift der
letzte Wunsch des Verblichenen war,
weil er ein glückliches Leben als
Fußballer hatte.
War Paul Mücke Mittelstürmer? Wir
vermuten es fast, denn ungefähr zur
selben Zeit wurde auch der klassi-
sche Mittelstürmer zu Grabe getra-
gen. Und dieser Anlass ist weiß Gott
traurig genug, um hier und heute
mittels eines Nachrufs noch mal
würdig zu erinnern an die fulminan-
ten Fallrückzieher, haarsträubenden
Hinterkopfbälle, eiskalten Abstauber,
knallharten Kopfballtorpedos und
sonstigen gnadenlosen Gewaltakte
dieser unvergessenen Neuner, die
auch unter den Pseudonymen „Straf-
raumschreck“, „Sturmtank“, „Voll-
strecker“, „Brechstange“, „Bomber
der Nation“, „Knipser“, „Killer“ oder
„Kopfballungeheuer“ die Welt in
Atem hielten.
Woran dieser Torjäger des alten
Schlags gestorben ist? Leider nicht
friedlich im Bett. Er ist in den Tod
getrieben worden von den Revolutio-
nären des modernen Fußballs. Tiki-
Taka heißt deren Philosophie, und
ihre falschen Neuner haben den alten
Neunern das Wasser abgegraben.
Als Sargnagel fällt uns spontan aber
auch Mehmet Scholl ein. Den hatte
die ARD bei der letztjährigen EM
engagiert als „unseren Mann für die
sensiblen Zwischentöne“ (Moderator
Gerhard Delling) – doch prompt holte
der Experte Scholl den Hammer
heraus und erklärt Mario Gomez, den
Schützen der Nation, zum lauffaulen
Sack, bei dem er Angst habe, „dass er
sich wund liegt und mal gewendet
werden muss“. Sofort schnellte in
den Facebook-Umfragen die Ab­
lehnung in puncto Gomez hoch auf
80 Prozent.
Dann macht es bumm!
Das darf nicht alles
gewesen sein!
„SEIN AUSSENRIST WAR DER
HOHE SCHEITEL“: UWE SEELER
ALS TYPISCHER „BRECHER“.
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