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AUF DEM WEG ZUR EURO 2016
VON ATHLETEN UND ÄSTHETEN
Unverzichtbare EM-Helden der Arbeit: Von Katsche, Hacki, Briegel und Eilts zu Hummels und Boateng
Um das folgende Thema gleich auf
den Punkt zu bringen, fangen wir am
besten mit dem sympathischsten
Beispiel an: Katsche Schwarzenbeck.
Wir kennen ihn alle als den „Putzer
vom Kaiser“, er war der Athlet, der
andere der Ästhet – aber irgendwann
ist der stille Schaffer aus dem Schat-
ten der strahlenden Lichtgestalt kurz
herausgetreten und hat zum Franz
gesagt: „Nur mit dei’m Balljonglieren
wärenwir nedWeltmeister g’worden.“
Oder Europameister. Hierfür hat es
auch den Katsche gebraucht.
Katsche Schwarzenbeck, der vorne
eigentlich Hans-Georg heißt, war als
Manndecker der alten Schule das,
was man eine Kante nennt. Die tolls-
ten Torjäger der Welt schüttelte er
durch wie ein Presslufthammer, und
um Schaden abzuwenden, hätte er
auch einen blutigen Flugkopfball
gegen die Bordsteinkante nicht ge-
scheut. Um den Spielfluss der eige-
nen Mannschaft und den ästheti-
schen Genuss des Publikums nicht zu
stören, hat er die Mittellinie äußerst
ungern überschritten, das überließ er
lieber Beckenbauer. Der war der ge
niale Held – während Katsche nur
kurz einmal Kinoheld sein durfte, in
der Komödie „Wehe, wenn Schwarzen
beck kommt“.
Aber wenn er kam, dann richtig. Und
manchmal kam er halt auch beim
Fußball, von hinten, wie aus dem
Nichts. Die Sowjets haben es gar
nicht geschnallt, damals in Brüssel,
im Endspiel um die Europameister-
schaft 1972. Mit langen Schritten
stiefelte der Bayer aus der Tiefe des
Raums nach vorne, und die Russen
riefen sich lachend zu: „Lasst ihn
laufen!“. Im Strafraum überließ der
Schlaks den Rest dann dem Bomber.
Gerd Müller vollstreckte zum 3:0.
Wir waren Europameister – und falls
wahr ist, was man sich erzählt, lachte
der Gerd hinterher den Katsche an:
„Danke, Pelé!“
So ein Solo – der Fußballgott ist
gerecht! Denn die Kantigen und
Katsches kommen oft zu kurz. Mit
der Zunge beschnalzt werden die
Künstler, die Eleganten, die Ball-
streichler, die Zauberfüße – dabei
könnten sie einpacken ohne die
schwitzenden Rackerer an ihrer
Seite, die rustikalen Zerstörer und
nimmermüden Kilometerfresser, die
die Ärmel hochkrempeln und bis zur
Selbstverleugnung ihren Beitrag
zum Sieg leisten als Balleroberer,
Wachhunde und Wasserträger.
Katsche war immer da, wenn der Kaiser
Beistand benötigte. Einmal, 1974,
auch in Brüssel, lag der FC Bayern im
Europacupfinale der Landesmeister
gegen Atletico Madrid 0:1 hinten, und
weil der Strafraum der Spanier in der
Schlussminute der Verlängerung
rappelvoll war, schob der ratlose
Beckenbauer den Ball halt hinüber
zum Katsche. Dem fiel überhaupt
nichts mehr ein, also hat er die drei-
Die Bodyguards
der Zauberfüße
Deutschland war dreimal Europameister: 1972, 1980 und 1996. Eine Frage hat sich dabei
aber immer gestellt: Was wären die schillernden Stars und zaubernden Ästheten ohne die
Rückendeckung und den Flankenschutz der rustikalen Rackerer, laufstarken Wasserträger
und kantigen Athleten? Und: Wie sich deren Profil im Team der Weltmeister 2014 mit Blick
auf die EURO 2016 verändert hat.