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Weichkeks. Er verteidigte für den

verletzten Berti Vogts und erledigte

seinen Auftrag so gründlich wie Berti

zwei Jahre später im WM-Finale

gegen Johan Cruyff, als er vom

Gladbacher Fohlen zum Deck-Hengst

mutierte. Die Historiker streiten noch

heute, ob Berti in jenem Spiel über-

haupt mal am Ball war – aber er

meldete Cruyff ab, und so wurden

wir Weltmeister. Und mit Eisenfuß

Höttges Europameister.

Wenn von der EM 1980 die Rede ist,

erinnern sich die Veteranen unter uns

vor allem an Bernd Schuster, den

„Blonden Engel“. Auch Hansi Müller

und Felix Magath oder die Angriffs-

pfeile Kalle Rummenigge und Klaus

Allofs waren durchaus nennens-

werte Streichler des Balles – aber wie

wäre die Sache ausgegangen ohne

Kampfbolzen wie Ennatz Dietz, Bernd

Cullmann oder Hans-Peter Briegel,

der sich als „Walz aus der Pfalz“ die

Lunge aus dem Leib rannte?

die Pariser „L’Equipe“ damals den

„Traumfußball des Jahres 2000“

nannte. Netzer war der Stratege

dieser unfassbaren Mannschaft, er

startete mit flatternden Haaren

hemmungslos seine Soli aus der

Tiefe des Raumes – denn dort hielt

ihm sein Adjutant den Rücken frei.

Zum Dank durfte Wimmer im Brüs­

seler Finale dann sogar selbst ein Tor

schießen, zum 2:0 (kurz vor Katsches

Ausflug zum 3:0), und angeblich hat

Netzer ihm später zum Dank eine

neue Hüfte bezahlt. Aufgrund diver-

ser Operationen und Abnutzungs­

erscheinungen witzelt Hacki inzwi-

schen in Interviews: „Ich habe mir

für meinen Freund Günter die Hacken

wohl etwas zu viel abgelaufen.“

Die Rückbesinnung auf 1972 wäre

nicht komplett ohne Horst „Eisenfuß“

Höttges. Auch der Bremer war ein

Monster in puncto Pflichterfüllung

und vor allem kein Wattepuster und

ßig Meter zum Tor spontan mit einem

Fernschuss überbrückt und sich

hinterher erinnert: „Der Ball is zwi-

schen alle Füß durch, einfach so, und

dann war er im Tor.“ Das Wieder­

holungsspiel gewannen die Münchner

danach 4:0.

Nicht nur die Bayern, sondern der

deutsche Fußball als solcher kann

froh sein, dass er neben seinen

Ästheten stets auch seine Athleten

hatte, denn dreimal Europameister –

1972, 1980 und 1996 – wären wir

ohne sie nicht geworden. Erinnern wir

uns zum Beispiel an Hacki Wimmer,

der zum Wohle seines Herrn und

Gebieters Günter Netzer beim EM-

Triumph 1972 als Tausendfüßler fast

14 Kilometer bewältigte.

Herbert „Hacki“ Wimmer lief sich

für den „King vom Bökelberg“ wund,

schirmte ihn ab, schleppte ihm die

Bälle heran – und ermöglichte un­

seren Europameistern von 1972, was

„TURM IN DER SCHLACHT“: HANS-GEORG „KATSCHE“ SCHWARZENBECK IM KOPFBALLDUELL

MIT DEM NIEDERLÄNDER JOHAN NEESKENS IM WM-ENDSPIEL 1974 IN MÜNCHEN.