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Mit allem, was ihm an Gliedmaßen
und Weichteilen zur Verfügung stand,
hat er vor dem Tor für seine einzig
artigen Trefferquoten gesorgt. In
62 Länderspielen schoss er 68 Tore,
und Bundesliga-Schützenkönig (sieben
Mal war es insgesamt, darunter 1972
mit bis heute unerreichten 40 Toren)
wurde Müller sogar in einer Saison,
als er sich vorübergehend dem
Kartoffelsalat hingab, 80 Kilo mit in
den Strafraum schleppte und ihm die
Hose spannte. Als ein Jahrtausend
später Lionel Messi dann endlich
einen seiner Torrekorde brach,
schenkte der kleine Gaucho dem
alten Deutschen ein Trikot mit Wid-
mung: „Für Gerd Müller. Mein Res-
pekt und meine Bewunderung. Eine
Umarmung.“
Nein, ein Messi war Müller nicht. Er
konnte mit dem Ball nicht zaubern,
und zum Laufen war er zu faul. Also
hat er sich im Strafraum auf seinen
vier Buchstaben ausgeruht und nicht
pfosten schnitzte. Müller müllerte,
wie er wollte, für die Bayern und
fürs ganze Land, und als Kanonier
sorgte er anlässlich der Europa
meisterschaft 1972 für die Krönung
der vielleicht besten Nationalmann-
schaft, die wir je hatten. Fragen Sie
die Albaner, Türken, Polen und Eng-
länder – sechs Stück hat er denen
damals bis zum Viertelfinale besorgt,
und im Halbfinale und Endspiel den
Belgiern und Sowjets dann noch
jeweils zwei. Helmut Schöns Mann-
schaft spielte Fußball wie von einem
anderen Stern.
„Ramba-Zamba!“ jubelte „Bild“.
Ramba war Beckenbauer und Zamba
war Netzer, dieser Fußball war so
unbeschreiblich, dass man ihn nur
noch besingen konnte – und das hat
dann dankenswerter Weise der Bom-
ber getan. Sein autobiographischer
Schlager ging so: „Dann macht es
bumm, ja und dann kracht’s, und
alles schreit: Der Müller macht’s!“
noch nachts um halbelf als 65-jäh
riger Rentner erledigt – in Haus
schuhen und mit verbundenen Augen
hat er das Ding reingemacht, notfalls
mit seinem berühmten Hintern.
„Vor dem Tor“, sagte er immer, „derf-
scht net das Studieren anfangen.“
Jetzt ist Gerd Müller seit Februar
2015 in einem Heim, pflegebedürftig,
und irgendwann wird er nicht mehr
wissen, wer er war. Alzheimer. Er
verliert sein Gedächtnis. Umso wich-
tiger ist es, dass die Welt sich an ihn
erinnert – und nicht nur über Pep
Guardiolas englische Zukunft oder
Sepp Blatters triste Gegenwart
diskutiert, sondern vor allem über
die wunderbare Vergangenheit mit
Gerd Müller.
Wehmütig träumen sich die Nostal
giker unter uns in die glorreichen
Zeiten zurück, als wir einen Voll
strecker hatten, der anno ’72 binnen
Jahresfrist 85 Kerben in die Tor
REKORD FÜR DIE EWIGKEIT: GERD MÜLLER
ERZIELTE 365 TORE IN 427 BUNDESLIGA-
SPIELEN FÜR DEN FC BAYERN MÜNCHEN.
VORENTSCHEIDEND: DER „BOMBER DER NATION“
TRIFFT MIT EINEM SEINER 68 LÄNDERSPIEL
TORE ZUM 1:0 IM EM-FINALE 1972.