A K T U E L L I M B L I C K P UNK T
CDN - MAG A Z I N 3 0 | 2 017
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des Odenwaldkreises, der quasi eine
Südwest-Oberliga war. Im Finale am
28. März, seinem 23. Geburtstag, schlug
Waldhof den Lokalrivalen VfR mit 4:1,
Herberger schoss drei Tore, für die
Lokalpresse war es „sein größter Tag“.
Doch damit nicht genug: Zwei Wochen
später schlugen die Waldhöfer den
kommenden Deutschen Meister 1. FC
Nürnberg in der Endrunde um die Süd-
deutsche Meisterschaft mit 2:1, das
Siegtor glückte Herberger. Die „Süd-
deutsche Sportzeitung“ schrieb: „Her-
berger, der glänzende und technisch
gut geschulte Halblinke, verdient es, in
einer repräsentativen Mannschaft be-
rücksichtigt zu werden.“ Am 27. Oktober
1920 meldete auch der gerade gegrün-
dete „kicker“: „Spieler wie Höger und
Herberger sind unübertrefflich und
einzig in ihrem spielerischen Können.“
In Zeiten, da Fußball noch nicht über
den Bildschirm flimmerte und es keinen
Bundestrainer gab, waren derartige
Empfehlungsschreiben karriereförder-
lich. Die las auch der Spielausschuss des
DFB, der für die Nationalmannschaft
zuständig war – einen Trainer gab es
erst ab 1926.
Herberger war noch nie aus Mannheim
herausgekommen, spielte seit 1913
beim SVW und debütierte schon als
16-jähriger in der ersten Mannschaft.
Der ließ sich nämlich nicht kampflos
verdrängen. Einige Monate gab es eine
Art Doppelspitze und so waren es viel-
leicht auch nur 162 Länderspiele, die
der Chef verantwortete.
Leichter zu zählen sind seine Länder-
spiele als Aktiver. Dass auch er das DFB-
Trikot trug, wissen nur Experten, denn
es ist lange her und diese Karriere ver-
lief eigentümlich kurz. Drei Einsätze,
verteilt auf vier Jahre (1921–1925).
Er selbst brachte sich um eine weit grö-
ßere Zahl wegen seiner Verwicklung in
eine „Berufsspieleraffäre“.
Die Erklärung dafür führt uns nach
Mannheim, wo Sepp Herberger am
28. März vor 120 Jahren geboren und
aufgewachsen ist. In der Spiegel-Sied-
lung im Arbeiter-Stadtteil Waldhof, der
einen gleichnamigen Verein hat: den
SV Waldhof, der zwischen 1983 und
1990 – schon nach Herbergers Tod
(1977) – in der Bundesliga spielte.
Beim SV Waldhof wurde bereits in den
„Zwanzigern“ guter Fußball gespielt. Als
das turbulente Jahrzehnt begann, war
jedem Mannheimer Kind und allen Ex-
perten der „H-Sturm“ ein fester Begriff.
Willy Hutter, Karl Höger, Josef Her
berger – der machte die Abwehrreihen
verrückt. Das Trio war hauptverantwort-
lich für den ersten großen Erfolg des
SV Waldhof: sie wurden 1920 Meister
Am 28. März wäre Sepp
Herberger 120 Jahre alt
geworden. Was nur wenige
wissen: Der charismatische
Nationaltrainer war ein her-
vorragender Spielmacher,
Dribbelkünstler und Tor
jäger, als ihn die Annahme
von 10.000 Reichsmark für
den Wechsel zu Phönix
Mannheim als National
spieler aus der Bahn warf.
Der Fußball-Historiker UDO
MUR A S über Werden und
Vergehen einer eigentüm
lichen Länderspiellaufbahn.
Seine Spieler nannten ihn „Chef“, denn
das war er – qua Amt und qua Autorität.
Schon vor dem „Wunder von Bern“, das
ihn und seine Elf zu Legenden machte.
Den Bundestrainer Sepp Herberger
kennt jedes Kind, von 1936 bis 1964
führte er die Geschicke des deutschen
Fußballs in angeblich 167 Länder
spielen. Die genaue Zahl ist unter His
torikern umstritten wegen der undurch-
sichtigen Übergangsphase im Verlauf
der Entmachtung seines Vorgängers
Otto Nerz nach Olympia 1936.
S E PP HE RB E RG E R S 1 20 . G E BUR T S TAG
DE R „CHE F “ A L S NAT I ONA L S P I E L E R : NUR DR E I L ÄNDE R S P I E L E
FÜR DEN DAMA L S „ B E S T EN DEUT S CHEN S TÜRME R “
M I T PHÖN I X
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