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CDN - MAG A Z I N 3 0 | 2 017

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Untrennbar mit dem Namen Sepp Herberger verbunden: Der Titelgewinn 1954 in der

Schweiz gilt für viele als die „eigentliche Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland“.

35.000 Zuschauern manch einer die leidi­

ge Angelegenheit von damals vergessen.“

Und doch trug er nur noch einmal das

deutsche Trikot. Am 29. März 1925 – mit

dem VfR schickte er sich gerade an,

Süddeutscher Meister zu werden (am

19. April 1925) – lief er in Amsterdam ge-

gen die Niederlande auf. Mit Recht, denn

für den „kicker“ war er damals auch dank

seiner acht Endrundentreffer für den

VfR „der beste deutsche Mittelstürmer“.

Aber wieder gab es eine Enttäuschung

(1:2), „Harder, Herberger und Sobek ver-

schossen“, heißt es in einer Länderspiel-

chronik aus dem Jahr 1938. So trat er mit

einer Niederlage ab. Das war aber nicht

der Grund für das Ende der Karriere.

Mit 28 war er nicht mehr der Jüngste

und durch seinen Wechsel nach Berlin

1925, wo er für TeBe spielte, aber schon

an der Akademie Sportlehrer ausbildete

und wenig trainierte, verschwand er

allmählich aus dem Fokus. Immerhin

bestritt er noch neun Spiele für die

Berlin-Auswahl.

Auf seine Länderspiel-Bilanz angespro-

chen, witzelte und amüsierte sich

Herberger später: „Mit mir konnten die

einfach nicht gewinnen.“ Das hat er sich

dann für seine Trainerkarriere mit der

Nationalmannschaft aufgehoben!

Herberger war todunglücklich. „Die

Bitternis dieser Sperre lag darin, dass

meine Laufbahn als Nationalspieler fürs

Erste gestoppt war.“ Er legte Berufung

ein, wurde tatsächlich am 26. März 1922

begnadigt. Er war nach nur einem Jahr,

ab 1. Oktober 1922, wieder spielbe-

rechtigt für den VfR. Nicht aber für

Deutschland. So vergingen drei Jahre,

ehe sein zweiter Einsatz anstand.

Trotz Unterarmbruch

gegen Italien geglänzt

Am 23. November 1924 kamen die Ita­

liener nach Duisburg und der DFB setzte

wieder auf den Mannheimer Sturm, der

nun aus Höger, Meißner, Fleischmann

und Herberger bestand. Der Sturm hatte

14 Tage zuvor beim furiosen 7:2 der

süddeutschen Auswahl gegen Berlin im

„Bundespokal“ die Fachwelt begeistert.

Doch gegen Italien gefiel nur einer

beim 0:1, obwohl die Zuschauer auf-

heulten, als er frei vor dem leeren Tor

die Latte traf: Sepp Herberger.

Die Dresdner Sportzeitung „Kampf“

schrieb: „Herberger war oft gut, aber

Blitzlichtaufnahmen genügen nicht.“

Weil er sich in diesem Spiel einen dop-

pelten Unterarmbruch zuzog und trotz-

dem (mit Schiene) bis zur 60. Minute

durchhielt, verdiente er sich die Ach-

tung der Zuschauer. Der „Kampf“ analy-

sierte: „Trotz seiner Schmerzen äußerte

Herberger den Wunsch, weiterzuspielen

… In diesem Augenblick hat ihm von den

Ausbildung zum Sportlehrer an der ge-

rade gegründeten Berliner Hochschule

für Leibesübungen in Aussicht stellte,

hing sein Himmel voller Geigen.

Doch es kam anders. Herberger hatte

sich kurz vor der Abreise nach Finnland

von Phönix Mannheim für 10.000

Reichsmark abwerben lassen. Eine un-

geheure Summe, die ihn in den Augen

des Verbands zum „Berufsfußballer“

machte – und die waren in Deutschland

verpönt. Herberger gab das Geld auf

Drängen seiner Frau Ev zwar alsbald

wieder zurück (nach einer Woche) und

ging zum dritten Mannheimer Groß-

club, dem VfR.

Dies aber rettete ihn nicht. Phönix

zeigte ihn (und sich selbst) aus Rache

an, und da ihm der VfR zudem eine

Anstellung bei der Dresdner Bank ver-

mittelte (als Geldzähler), schien er

endgültig überführt zu sein. Auch sol-

che Gefälligkeiten waren verboten. Am

19. November 1921 wurde er lebens-

lang gesperrt. Die Fachpresse gab

bekannt: „Der Verbandsvorstand des

Süddeutschen Fußball-Verbandes hat

Herberger … infolge zahlreicher Verge-

hen gegen die Amateur-Paragraphen

des Deutschen Fußball-Bundes das

Recht als Amateur abgesprochen und

ihn zum Berufsfußballer erklärt.“ Das

war gleichbedeutend mit einer lebens-

langen Sperre, Berufsfußballer durfte es

in Deutschland bis zur Gründung der

Bundesliga nicht geben.

S T ECKB R I E F

S E PP HE RB E RGE R

* 28. März 1897 † 28. April 1977

Position

Angriff

Vereine als Aktiver

SV Waldhof Mannheim (1914–1921)

VfR Mannheim (1922–1926)

Tennis Borussia Berlin (1926–1930)

Nationalmannschaft

3 A-Länderspiele (1921–1925)

Trainerstationen

SV Nowawes 03 (1928–1929)

Tennis Borussia Berlin (1930–1932)

Westd. Spiel-Verband (1932–1934)

Deutschland (1936–1964)