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AKTUELL IM BLICKPUNKT

TONI KROOS – PASSGEBER , TAKTGEBER , SPIELMACHER

Er ist Weltmeister, er hat die Champions League gewonnen, von den ganz großen Titeln fehlt

Toni Kroos nur noch der Erfolg bei der EM. Daran hat auch das Turnier in Frankreich nichts

geändert. Deutschland unterlag im Halbfinale den Gastgebern, unglücklich, unverrückbar.

Die EM hat aus deutscher Sicht dennoch viele positive Erkenntnisse gebracht – und eine

Bestätigung: Mit Toni Kroos, einer der Gewinner im Team, das das Double in Frankreich so

knapp verpasst hat, verfügt der Weltmeister über den weltbesten Passgeber als zentrale Figur

und Spielgestalter. Ein Porträt von Steffen Lüdeke.

Als kühler Stratege bestätigte Toni Kroos bei der EM 2016 seine Sonderklasse im Weltfußball

Für Toni Kroos ist die Sache im Grun-

de sehr simpel: es liegt nur an ihm.

Wer zwischen den Pfosten steht, ist

da fast schon bedeutungslos. Ob im

Garten sein Sohn Leon, im Training

Thomas Müller oder eben Gianluigi

Buffon im Elfmeterschießen des EM-

Viertelfinales. Kroos weiß: Macht er

alles richtig, hat sein Gegenüber

keine Chance. Und weil Toni Kroos

von Toni Kroos alles Mögliche er­

wartet, nur keine Fehlbarkeit, ist sich

Toni Kroos seiner Sache ziemlich

sicher. Sein Puls geht kaum nach

oben, als er sich in Bordeaux aus

dem Kreis seiner Mitspieler löst und

zum Elfmeterpunkt schreitet.

EM-Viertelfinale, Deutschland gegen

Italien, Elfmeterschießen. Kroos

geht voran, er ist der erste Schütze

des Weltmeisters. Anzeichen der

Aufregung sind nicht zu erkennen,

Kroos ist spürbar unbeeindruckt.

Wegen Szenen wie dieser sagt Bun-

destrainer Joachim Löw über Kroos:

„Ich kenne keinen Spieler, der so cool

ist wie der Toni.“

Auf halbem Weg hustet Kroos kurz,

bei anderen würde dies als Über-

sprunghandlung, als Zeichen der

Nervosität gedeutet, bei ihm wird

das Husten als Folge der Kälte inter-

pretiert. Sekunden später zappelt der

Ball im Netz, Buffon hatte die Ecke

geahnt und schnell reagiert – doch

gegen Präzision und Geschwindigkeit

des Schusses von Kroos hatte auch

der viermalige Welttorhüter keine

Chance. Kroos’ Jubel fällt sehr

dezent aus. Er dreht ab – und trabt

zurück zu den Kollegen am Mittel-

kreis. Auftrag erledigt, war was?

Kroos ist kein Schauspieler, seine

Ruhe ist authentisch, bei ihm war das

nie anders. „Ich kann mich auf dem

Fußballplatz an keine Situation erin-

nern, in der ich so richtig nervös ge-

wesen bin“, sagt Kroos. Der Deutsche

stand im Finale der Champions

League, im Finale der Fußball-WM,

im „El Clásico“ zwischen Real Madrid

und dem FC Barcelona. Er hat die

großen Spiele gespielt – und ge­

wonnen. Und immer ist er dabei kühl

geblieben, als Fels in einem Meer der

Aufregung.

So war es auch im Viertelfinale gegen

Italien. Nach dem Elfmeterkrimi hat

er seine Empfindungen mit diesen

Worten beschrieben: „Wenn ich an-

trete, bin ich fest davon überzeugt,

dass es klappt.“

Warum sollte es auch nicht klappen?

Schließlich hat Kroos den Ball schon

unzählige Male erfolgreich über eine

Distanz von elf Metern von A nach B

befördert. Über viel größere Distan-

zen sogar, mit viel mehr Druck durch

den Gegner. Kroos ist die Pass­

maschine im deutschen Spiel, im

Cool – Cooler – KROOS