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„Uns Uwe“ nannten ihn spätestens
da alle. Seit 1958 lebt er beständig
und bodenständig in seinem Haus in
Norderstedt, ist immer noch mit der
ersten Frau verheiratet. Und auch
beim HSV ist er sein Leben lang
geblieben, sogar 1961, als ihm Inter
Mailand atemberaubende 500.000
Mark im Jahr bot. Seeler hätte
zweifellos auch noch eine Villa mit
vergoldeten Dachplatten und einen
Butler dazubekommen – aber Uwe
blieb im Lande und verdiente sich
hart sein Brot. Doch Uwe war glück-
lich – man muss nur seinen alten
TV-Werbespot anschauen, in dem er
sich mit Rasierwasser einrieb und
dazu fröhlich die Melodie pfiff „Im
Frühtau zu Berge wir zieh’n fallera“.
So hat Uwe sich und die Gegner ra-
siert. Sobald der Dicke auf der vollen
Breite und Höhe des Strafraums
explodierte, drohte ein Kopfballtor-
pedo. Seine Bilanz: 43 Tore in 72
Länderspielen, vier WM-Turniere,
dreimal Fußballer des Jahres, Bun-
desverdienstkreuz, Ehrenbürger von
Hamburg, Ehrenkapitän der Schiff-
kniffligen Quiz vorstellen wollen:
Welcher Hamburger hat sein Leben
lang a) klaren Kopf bewahrt, b) den
Kopf hingehalten, c) den Kopf nie
hängen lassen und darüber hinaus d)
behauptet: „Das Schönste auf der
Welt ist es, normal zu bleiben“? Wer
es weiß, gewinnt eine Hafenrundfahrt
mit Uwe Seeler.
Uwe Seeler – Treue und
Pflichtbewusstsein
Im November ist Uwe 80 geworden,
aber angesichts der HSV-Krise wür-
de er von der Tribüne am liebsten
nochmal hinunterhecheln, die Hosen
hochkrempeln, in die Hände spucken,
die Fäuste ballen und schreien:
„Keiner lässt die Schlappohren hän-
gen!“ Uwe hat sich für den HSV frü-
her alles zerrissen, sogar 1965 die
Achillessehne. Doch in der Not
packte der Versehrte seine reparierte
Sehne in einen hochgepolsterten
Spezialschuh und schoss Deutsch-
land mit seinem 2:1 gegen Schweden
zur WM 1966. Seeler hielt es für seine
Vaterlandspflicht.
noch heute ein Wallfahrtsort für
Nostalgiker. Die deutsche National-
hymne ist nie inbrünstiger gesungen
worden als damals in Bern – und
der deutsche Mann trug die Locken
fortan à la Fritz Walter gefönt.
Der alte Fritz. Schon vor dem Krieg
war er ein grandioser Ballkünstler,
Stratege und Vollstrecker zugleich.
Als Soldat an der Front hat er dann
irgendwie überlebt, seinen 1. FC Kai-
serslautern zum Meisterklub gemacht
und Deutschland zum Weltmeister –
und die ganz Alten schwören, dass er
sogar das Tor des Jahrhunderts ge-
schossen hat. Am 6. Oktober 1956
spielten die Pfälzer vor 100.000 Zu-
schauern in Leipzig gegen Wismut
Karl-Marx-Stadt, gewannen 5:3, und
Fritz Walter gab dem DDR-Meister
den goldenen Schuss. Mit der Hacke
aus 15 Metern, nach vorne sich fallen
lassend, fast aus dem Handstand ins
obere Tor-Eck.
Auch Ehrenspielführer wird man nur
durch Können. Und schon sind wir
beim nächsten, den wir mit einem
FÜNFTER DFB-EHRENSPIELFÜHRER: JÜRGEN KLINSMANN, FLANKIERT VON BUNDESKANZLERIN DR. ANGELA MERKEL,
DFB-PRÄSIDENT REINHARD GRINDEL UND DFB-GENERALSEKRETÄR DR. FRIEDRICH CURTIUS.