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AKTUELLER RÜCKBLICK
LÄNDERSPIELREISEN ZUM JAHRESENDE
Giftige Abschiedsgrüße
von Hoeneß bis Lattek
Südamerika-Trips zum Jahresende
kamen danach etwas ins Gerede.
Sieben Jahre später musste sich
Teamchef Franz Beckenbauer giftige
Abschiedsgrüße von Uli Hoeneß
(„Hirnrissig“) bis Udo Lattek („Blöd-
sinn“) anhören, als er mit ein paar
Vize-Weltmeistern, aber auch etlichen
Ergänzungsspielern losflog. Der
„Spiegel“ verstieg sich angesichts
der Namen Herget, Schwabl, Ordene-
witz, Frontzeck, Foda, Hochstätter,
Pflügler oder Rolff in den Begriff
„Verlegenheitself“ und sah Becken-
bauer „von den Bundesligaklubs zum
Globetrotter karikiert, der zwar lie-
bend gern reist, aber keine Ahnung
davon hat, was in der Fremde alles
passieren kann.“ Die Mannschaft
trotzte jedoch tapfer dem Reizklima
und der Hitze von 35 Grad, Stefan
Reuter schoss das Tor beim 1:1 in
Brasilien; das 0:1 in Argentinien war
erträglich. Und ein Debütant war der
große Gewinner: „Ein tolles Erlebnis“,
lachte Jürgen Klinsmann.
Am tollsten wurde es unter Berti
Vogts, denn tollkühn waren vor allem
Bertis Reisen kurz vor Weihnachten.
1992 ging es nach Porto Alegre. Die
Neulinge Wagner, Wolter und Zorc
größe 47 einen Scheitel gezogen?
Etliche Spieler aus dem zweiten Glied
kamen bei dieser Adventsreise zum
Einsatz, wie Horst Wolter, Max Lo-
renz, Rainer Ohlhauser, Lothar Ulsaß,
Michael Bella, „Schorsch“ Volkert
oder Bernd Dörfel – und das abschlie-
ßende 0:0 in Mexico City zwei Tage
vor Heiligabend hat auch nicht ge-
schadet.
Wie der Ball in Montevideo auf-
springt, klärte dann Jupp Derwall
zum Jahreswechsel 1980/81 bei der
„Copa de Oro“, einem Jubiläums
turnier der Uruguayer als sogenann-
te Mini-WM. Die DFB-Delegation
überbrückte 40 Grad Temperatur
unterschied, und die rheinische Froh-
natur Derwall ließ seine Europameis-
ter an der langen Leine. Schumacher,
Kaltz, Dietz, Briegel, Bonhof, Rum-
menigge, Allofs, Magath, Müller,
Förster – sie waren bockstark und 23
Spiele lang unbesiegt. „Bis zum Mist
von Montevideo“, sagt Karlheinz
Förster. Sie nahmen es allzu locker.
Am Neujahrstag 1981 verhinderte
weder ein Tor von Horst Hrubesch
noch der mannhafte Widerstand
Briegels gegen Maradona das 1:2
gegen Argentinien. Und das folgende
1:4 gegen Brasilien konnten auch die
Nachrücker Votava, Dremmler und
Allgöwer nicht vereiteln.
selhaft erscheinen wie die Sphinx von
Gizeh“. Die Politik spielte mit. Der
Kalte Krieg begann, der Fußball
musste als Entwicklungshelfer ran.
Wie Humphrey Bogart
in Casablanca
Weihnachtliche Nordafrikareisen
wurden üblich. 1963 flog die Natio-
nalmannschaft nach Casablanca und
ließ sich vom gleichnamigen Kino-Hit
inspirieren, jedenfalls sagten Aki
Schmidt, Eia Krämer und zweimal
Timo Konietzka à la Humphrey Bo
gart zum marokkanischen Torwart:
„Schau mir in die Augen, Kleiner.“ Und
versenkten das Ding. 4:1. Drei Tage
später, am Neujahrstag 1964, folgte
ein 0:2 in Algerien.
Helmut Schön verband als nächster
Bundestrainer das Frohe Fest mit
seinem Fernweh. 1968 floh er mit
dem Nationalteam vor der heimi-
schen Kälte ins heiße Rio; im Mara
cana glichen Siggi Held und Klaus
Gerwien die 2:0-Führung der Brasilia-
ner noch irgendwie aus. Das folgende
1:2 in Santiago wurde überschattet
von einem Platzverweis Günter Net-
zers, der sich darüber bis heute in
Schweigen hüllt. Hat er dem chileni-
schen Rüpel Reinoso, der mit ihm
zum Duschen musste, mit Schuh„HARTER KÖRPEREINSATZ“: GUIDO BUCHWALD BEIM 3:0-EROLG DER DFB-AUSWAHL
IM DEZEMBER 1993 GEGEN DIE USA IN SAN FRANCISCO.