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tage machten Herberger Kummer. Er

wusste, dass wir alle keine Kostver-

ächter waren. Wie leicht konnte sich

einer an Gänsebraten oder Plätzchen

überfuttern. Kritisch musterte er

uns, als wir uns am zweiten Weih-

nachtsfeiertag in Köln trafen. Wir

zogen die Bäuche ein.“

2:2 ging die Sache aus. Noch besser

mundete Herberger das 3:0 seiner

Berner WM-Helden kurz vor Heilig-

abend 1954 in Portugal. Debütant

Erich („Hammer“) Juskowiak drosch

im Frühling von Lissabon einen Frei-

stoß aus 30 Metern rein.

In fast jeder Adventszeit ging es fort-

an auf Achse, 1955 nach Rom oder

1958 nach Kairo. „Eine zusammen­

gewürfelte Ferienauswahl“ verlor

dort 1:2, und ZDF-Reporter Gerd Krä-

mer staunte über „eine Begegnung,

die auf ägyptisches Drängen hin zum

Länderspiel deklariert wurde aus

Gründen, die im Sportlichen so rät-

Kairo aufspringt – oder in Mailand.

Dorthin ging die erste Reise, mit dem

Zug. Am Neujahrstag 1923 schoss

der Fürther Leonhard Seiderer das

erste Länderspieltor gegen Italien,

allerdings endete es 1:3. Ebenso auch

wieder am Neujahrstag 1933 in

Bologna. Reichstrainer Otto Nerz

zahlte Lehrgeld: Schwer lag seinen

Assen Gramlich, Knöpfle und Ko­

bierski noch die Weihnachtsgans im

Magen.

Weihnachts-Speck?

„Wir zogen die Bäuche ein.“

Doch Sepp Herberger, der Nach­

folger, ließ sich nicht beirren. Dass er

reiselustig war, hatte schon seine

Frau Ev verraten („Die Hochzeits-

nacht verbrachten wir im Zug nach

Zürich zu einem Fußballspiel“) und

am 28. Dezember 1952 wurde es

offenkundig: Länderspiel in Madrid.

In seinem Buch „Der Chef“ erinnert

sich Kapitän Fritz Walter: „Die Feier-

Weihnachten war immer eine gute

Zeit, um dagegenzuhalten. Und stets

gab es für solche Reisen in ferne

Länder gute Gründe: das Stählen

der „Schweißkameradschaft“, das

Testen junger Talente, oder man hob

ab zum sportpolitischen Goodwill-

Trip. Viele haben es mehrmals erlebt,

wie Andy Köpke. Einen Lichtbilder-

vortrag könnte der heutige Bun-

destorwarttrainer darüber halten,

dass Reisen bildet. Anno ’93 war er

als Torwart dabei, und wir erinnern

uns, wie er den Rasentest seinerzeit

zu einem wichtigen Bestandteil der

Reise erklärte. „Der amerikanische

Ball“, philosophierte Köpke, „ist wei-

cher, der Boden härter.“

Andere Länder, anderer Luftdruck

Als weihnachtliche Weltenbummler

hätten die besten deutschen Fußbal-

ler Bücher darüber schreiben können,

wie der Ball in Porto Alegre, Monte­

video, Casablanca, Istanbul oder

ERFOLGREICHER ABSCHLUSS DER OSTASIEN-REISE IM DEZEMBER 2004:

DIE NATIONALMANNSCHAFT MIT KAPITÄN ARNE FRIEDRICH GEGEN THAILAND IN BANGKOK.