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A K T U E L L I M B L I C K P UNK T

CDN - MAG A Z I N 3 0 | 2 017

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Viel von dieser Freiheit hat er wieder

geopfert. Kehl ist zurück im Alltag. Und

er genießt das, das Opfer ist in Wahrheit

keins. Denn es besteht eine bedeutende

Abweichung zum Alltag aus seinem

Leben als Fußballer. Als Spieler musste

er sich danach richten, was andere ihm

vorgaben. Dann ist Training, dann ist

Abfahrt, dann ist Abflug, dann ist

Anpfiff. In seinem neuen Leben legt

sich Kehl die Termine selbst, auch die

Themen. „Das ist ein Unterschied“, sagt

er. Er macht nur, was ihn weiterbringt,

was sein Portfolio vergrößert und was

ihm Freude bereitet.

Und das ist eine ganze Menge. Seine

sozialen Projekte gehören dazu, sein

Engagement als Experte für das ZDF,

sein Sportmanagement-Studium bei der

UEFA. Seine Tage sind dicht getaktet,

so wie Kehl es will. Er sagt: „Ich bin ein

Mensch, der sich weiterentwickeln, der

dazulernen will, der immer in Bewegung

ist. Vor allem gedanklich. Ich brauche

Aufgabenundsuche Herausforderungen.“

te es sein. Kehl wusste, dass er den

Übergang vom Profi zum Ex-Profi

leichter bewältigt, wenn er schnell und

erheblich Distanz gewinnt. Nach 314

Spielen in der Bundesliga, nach drei

deutschen Meisterschaften und einem

Erfolg im DFB-Pokal, nach 31 Länder-

spielen, zwei Weltmeisterschaften und

nach 18 Jahren als Profi sollte es

möglichst weit weg gehen. Gedanklich

und tatsächlich.

Kehl begab sich auf Weltreise, zuerst

mit seiner Familie in die USA, dann

alleine. Kuba, Kanada, Australien und

Indien gehörten zu seinen Stationen.

Kehl hat die Zeit mit Frau und Kindern

intensiv genossen, die Reise insgesamt,

die vielen Kulturen, die vielen Eindrücke.

Vielleicht hat er vor allem genossen,

ungebunden zu sein. Kein Trainingsplan

war einzuhalten, keine drei Punkte

waren zu gewinnen, kein Laktatwert zu

beachten. Das Handy war ausgeschaltet.

„Das war eine Form von Luxus, die ich

nicht kannte“, sagt er.

Sebastian Kehl blickt auf sein Handy. Er

sitzt an einem Besprechungstisch auf

den Fluren der DFB-Zentrale in der

Otto-Fleck-Schneise, 2. Etage, Brücke.

Zwei Schritte entfernt steht ein Modell

des neuen DFB und seiner Akademie,

Projektleiter Oliver Bierhoff hat sein

Büro auf diesem Flur, genauso Markus

Weise, der Leiter Konzeptentwicklung,

und viele der anderen „Akademiker“

des DFB.

Kehl gehört nun auch dazu. Warum und

in welcher Form, soll er jetzt berichten.

Bevor er loslegt, deutet er in Richtung

des Mobiltelefons. Es klingelt nicht,

kein Surren kündet eine neue Nachricht

an. Aber es liegt vor ihm auf dem Tisch,

es ist angeschaltet. Und es symbolisiert

einen Verlust. „Das Telefon ist wieder

mein ständiger Begleiter.“

Die große Freiheit hat sich verflüchtigt.

Nach dem Ende seiner Spielerkarriere

hatte Kehl den größtmöglichen Ab-

stand gesucht, ein radikaler Bruch soll-

HOCHKARÄT I GE R NEUZUGANG B E I DE R D F B -AKADEM I E :

S E BAS T I AN K EH L I S T DORT F ÜR S P I E L E R - MENTOR I NG V E RANTWORT L I CH

W I S S EN &

WE I T B L I CK

Ex-Nationalspieler mit

Wissen und Weitblick:

Sebastian Kehl (37) bringt

seine Erfahrung aus knapp

zwei Jahrzehnten Profi­

karriere und 31 Länderspielen

für die DFB-Auswahl in die

Entwicklung des neuen DFB

und seiner Akademie ein.

Kehl ist für den Bereich

Spieler-Mentoring zuständig.

Und lernt selbst auch hier

jeden Tag dazu. Einer, der

sich immer weiterentwickeln

will und dabei immer weiter

vorangekommen ist, wie

unser Autor S TE F FEN

LÜDEKE feststellen konnte.