N E U E S E R I E : ME I N E R S T E S L ÄND E R S P I E L
CDN - MAG A Z I N 3 0 | 2 017
26
die Nationalmannschaft: „Wir hatten ein
Bundesligaspiel beim TSV 1860 Mün-
chen. Da kam Hennes Weisweiler zu mir
und fragte: ‚Hast Du Deinen Pass bei
Dir?‘ Hatte ich natürlich nicht, denn es
war ja ein Spiel innerhalb der Bundes
republik.“ Berti fuhr fort: „Warum?“
Weisweiler: „Ach, nur so. Der Schön hat
angerufen. Du sollst nach dem Spiel
sofort nach Frankfurt kommen. Die
fliegen nach Jugoslawien. Da brauchst
Du einen Pass.“
Alarmanruf beim Bruder. Der hat einen
Wohnungsschlüssel. Findet den Pass,
nachdem Berti ihm das Versteck ver
raten hat. Schickt ihn schnellstmöglich
nach Frankfurt. Und so darf Berti in den
Flieger nach Belgrad einsteigen.
Es waren schwarze Tage für den damals
gerade 20-Jährigen, der 1965 sein
erstes Bundesligaspiel bestritten hatte,
nach dem Aufstieg seiner Borussia in
die Eliteklasse, beim 1:1 bei Borussia
In der Rangliste der Treuen, die nur in
einem Verein gespielt haben, liegt
Vogts immerhin auf Platz zehn (Bundes-
liga) und damit nur ein Spiel hinter Horst
Höttges, doch in Bezug auf die Einsatz-
minuten hat Vogts mit 37.658 Minuten
den Bremer (36.561) übertroffen. Wo-
mit wir bei der Länderspielpremiere
des damals 20-jährigen Gladbachers
ankommen.
Vogts: „Es gab damals viele Verletzte.“
Die Archive beweisen, dass es sich um
Uwe Seeler, Helmut Haller, Wolfgang
Weber und eben Horst Höttges han
delte. Die Konsequenz für die Beset-
zung der rechten Verteidiger-Position
beim EM-Qualifikationsspiel gegen
Jugoslawien am 3. Mai 1967 in Belgrad:
„Terrier“ an Stelle von „Eisenfuß“ – Neu-
ling an Stelle von Erfahrung. Auch eine
spannende Variante.
Statt an das Trikot erinnert Vogts sich an
die Umstände seiner ersten Berufung in
Der Rückruf hat bis zum nächsten Tag
gedauert. Was nicht daran liegt, dass
niemand weiß, wie fit ein 70-Jähriger in
Technologie ist und wann er eine Mail
liest. Nein, Berti Vogts sagt es offen und
ehrlich: „Ich habe eine halbe Stunde
drüber nachgedacht. Aber ich weiß es
schlichtweg nicht mehr.“
Die Frage war eigentlich ganz simpel.
Das CdN-Magazin wollte wissen: „Was
ist aus Ihrem ersten Länderspiel-Trikot
geworden?“
Vogts am Tag danach: „Ich weiß es wirk-
lich nicht mehr. Das ist jetzt ja auch
schon 50 Jahre her. Vielleicht habe ich
es getauscht? Selbst wenn, habe ich das
Trikot des Gegners auch nicht mehr. Ich
war nie ein Trikotsammler, habe ja kein
Museum zu Hause.“ Nach 96 Länder-
spielen, 419 Bundesligaspielen für nur
(s)einen Verein Borussia Mönchenglad-
bach und 64 Spielen im Europapokal ist
das verständlich.
NEUE S E R I E : ME I N E R S T E S L ÄNDE R S P I E L
VOR 50 JAHR EN B E S TR I T T B E R T I VOG T S S E I NE PR EM I E R E
I N DE R NAT I ONA LMANNS CHA F T
Mit einer 0:1-Niederlage in der EM-Qualifikation begann 1967 die Laufbahn von Berti Vogts
als Nationalspieler. Und mit einer 2:3-Niederlage endete sie 1978 bei der WM in Argentinien.
Doch zwischen dem Fehlstart und dem misslungenen Schlusspunkt erstreckt sich eine groß
artige Länderspielkarriere des Welt- und Europameisters aus Mönchengladbach, der zudem
als Bundestrainer 1996 für den Gewinn des bislang letzten EM-Titels verantwortlich war.
R A I NER K ALB über das erste Länderspiel eines spät zum Globetrotter gewordenen
einstigen „Nesthockers“, der kürzlich zusammen mit vielen prominenten Zeitzeugen und
Wegbegleitern seinen 70. Geburtstag feierte.
F EH L S TART I N E I NE
E X Z E L L ENT E KARR I E R E