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CDN-MAGAZIN 28/2016
Uwe Seeler über den Rücktritt großer Spieler aus der Nationalmannschaft
Lieber früher und ohne
Zwang als am Ende zu spät
Liebe Freunde!
Danke, das war’s! Zumindest zu sich
selbst werden Bastian Schwein
steiger und Lukas Podolski dies
gesagt haben, als sie vor wenigen
Wochen ihren Rücktritt von der
Nationalmannschaft verkündet hat-
ten. „Das war’s, vielen Dank!“ Das
sollten aber auch wir alle sagen, die
wir die großartige Länderspielkarrie-
re der beiden im vergangenen Jahr-
zehnt mitverfolgt haben. Eine Ära sei
mit dem Abschied der beiden zu Ende
gegangen, war zu lesen und zu hören.
Diese Feststellung ist mehr als be-
rechtigt. Mit Basti und Poldi verlas-
sen nach 121 bzw. 129 Länderspielen
zwei absolute sportliche Schwer
gewichte die große internationale
Bühne – Bastian zudem als Kapitän
der Nationalmannschaft – die für die
DFB-Auswahl und mit ihr Heraus-
ragendes erreicht haben.
Diesen Schritt muss man akzeptie-
ren. Beide wollen es nunmehr etwas
ruhiger angehen lassen und sich
stärker auf ihren privaten Bereich
konzentrieren. Ich selbst freue mich
für sie, dass sie diese Entscheidung
verletzungsfrei und in bester körper-
licher Verfassung treffen konnten
und somit ihren Klubs weiterhin un-
eingeschränkt zur Verfügung stehen.
Rücktritt vom Nationalteam – dies
ist generell seit vielen Jahrzehnten
ein großes Thema, nicht nur für die
Direktbetroffenen. Egal, ob als Spie-
ler oder, wie jetzt nach Olympia Horst
Hrubesch und Silvia Neid, als Trainer.
In dieser Ausgabe des CdN-Maga-
zins ist dies denn auch ein Schwer-
punktthema.
Jeder Rücktritt ist ein schwieriger
Entschluss, unabhängig davon, ob er
durch eine Verletzung oder aus freien
Stücken zustande kommt. Das Wich-
tigste ist dabei, sich selbst gegenüber
ehrlich zu sein, ob man den richtigen
Zeitpunkt gewählt hat. Die Entschei-
dung für das richtige Timing kann
einem hierfür niemand abnehmen.
Soll man sich auf dem absoluten
Höhepunkt vom Nationalteam verab-
schieden, wie zum Beispiel Philipp
Lahm, Miro Klose und Per Mertes-
acker, Pierre Littbarski und Klaus
Augenthaler oder Gerd Müller, Wolf-
gang Overath und Jürgen Grabowski
direkt nach den WM-Triumphen 2014,
1990 und 1974? Oder ist man mit
dem Rücktritt nach einem verlorenen
großen Turnierfinale auf dem rich
tigen Weg, den zum Beispiel Paul
Breitner, Klaus Fischer und Horst
Hrubesch oder Hans-Peter Briegel,
Karlheinz Förster, Felix Magath und
Karl-Heinz Rummenigge sowie Oliver
Bierhoff nach den WM-Endspielen
1982, 1986 und 2002 gegangen sind?
Natürlich ist eine solche Entschei-
dung auch vom persönlichen Alter