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AKTUELL IM BLICKPUNKT
TRAINER-ABSCHIED HORST HRUBESCH
Als gute Seele des deutschen Juniorenfußballs verstand es Horst Hrubesch, glaubwürdig und
authentisch, die ihm anvertrauten Spieler zu erden, ihnen Werte wie Leistungsbereitschaft,
Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft zu vermitteln. Sie zahlten es ihrem väterlichen Missionar mit
großen sportlichen Erfolgen zurück. Und lagen diesem Patron mit Ecken und Kanten, der
ihr Großvater sein könnte und stets Freund und Helfer war, ebenso begeistert wie bewundernd
zu Füßen.
Roland Zorn
über den Rücktritt eines Fußball-Lehrers, der zum Abschied nach
16 Jahren beim DFB Olympia-Silber gewann und ein goldenes Erbe hinterlässt.
„Mit Silber, das sich wie Gold anfühlt“, tritt Horst Hrubesch als Trainer-Legende beim DFB zurück
Auch ein paar Wochen danach brennt
in Horst Hrubesch noch das olym
pische Feuer. „Für die Jungs und für
mich war die Zeit in Brasilien ein ein-
maliges Erlebnis. Und was mich am
meisten gefreut hat: Wir haben es
geschafft, den olympischen Fußball in
Deutschland salonfähig zu machen.“
Und wie! 8,25 Millionen Fernsehzu-
schauer, die zweithöchste deutsche
Einschaltquote während der Spiele,
sahen, wie fabelhaft sich Hrubeschs
Olympia-Auswahl im Endspiel gegen
den Turnierfavoriten und Gastgeber
Brasilien schlug, der das Finale am
20. August mit einer Portion Glück
erst im Elfmeterschießen gegen die
deutsche Mannschaft gewann. „Wäre
einer unserer drei Latten- und Pfosten
treffer reingegangen“, sagt der nach
diesem so gut wie krönenden Ab-
schluss seiner Trainer-Karriere zurück
getretene Westfale, „hätte ich gern
mal gesehen, was dann so alles geht.“
Es ging auch ohne den Sieg in diesem
sehenswerten Endspiel zwischen
zwei gleichguten Teams so viel, dass
Hrubesch danach aus Überzeugung
sagen konnte: „Für mich fühlt sich
dieses Silber an wie Gold.“
Wer schließlich nach zwei Standard-
momenten, einem allerdings sehens-
werten Freistoßtreffer durch Neymar
(27. Minute) und fünf punktgenau
ausgeführten Strafstößen siegt, weil
der Freiburger Nils Petersen bei sei-
nem fünften Versuch an Torhüter
Wéverton scheitert, ist ja „nicht aus
dem Anzug gespielt worden“, wie
Hrubesch das Gleichgewicht der
Kräfte in diesem spektakulären End-
spiel im legendären Maracana-Sta
dion von Rio de Janeiro beschreibt.
„Unser Tor durch Max Meyer (57.) war
dagegen überragend herausgespielt“,
hebt der 65 Jahre alte Patron dieser
deutschen Mannschaft stolz hervor,
die „als zusammengewürfelter Hau-
fen in Brasilien angekommen ist und
dort in Windeseile zusammengefun-
den hat“. Er hat seinen Spielern des-
halb schon vor dem Elfmeterschießen
zugerufen: „Wir gehen hier als Sieger
und nicht als Verlierer raus.“ Die
Verlierer, die auch Gewinner waren,
trugen ihre Silbermedaillen darum
voller Stolz und nicht wie einen Trost-
preis zum Wegwerfen, wie mancher
Spieler etwa von Atlético Madrid
nach dem verlorenen Champions
League-Finale im Mai gegen den
großen Ortsrivalen Real Madrid.
Einmal noch hat Hrubesch in den drei
ereignisreichen Wochen im größten
südamerikanischen Land seine ganz
besondere Führungskunst bewiesen,
Charaktere zu formen und leuchten
zu lassen. Das deutsche Aufgebot,
das sich nach komplizierter Suche
und so manchem Kompromiss mit
den Bundesligaklubs auf die Reise
Ein PAT R O N
als Freund und Helfer