CdN Newsletter 20 - page 48

48
CDN-NEWSLETTER 20/2014
FOTOTERMIN: VOLKMAR GROSS VOR DER SAISON 1968/69.
Wir trauern um Volkmar Groß (66) und Helmut Faeder (79), die am 3. Juli
und am 3. August 2014 in Berlin verstorben sind.
Er befand sich mitten in einer hoff-
nungsvollen Karriere, damals
1970, als VOLKMAR GROSS als
Torhüter von Hertha BSC seinen
Einstand in der Nationalmann-
schaft gab. Dann aber wurde er
Anfang der 70er-Jahre zusammen
mit anderen Berliner Profis in den
Bundesligaskandal verwickelt und
vom DFB 1972 für zwei Jahre ge-
sperrt. Seine so verheißungsvolle
Laufbahn geriet ins Schlingern,
führte ihn in die weite Welt und
schließlich wieder zurück nach
Berlin. „Ich war ganz oben und
ganz unten“, bilanzierte er sein
Leben.
Ganz oben war Volkmar Groß im
Dezember 1970 bei seinem Länder-
spieldebüt in Griechenland. Ein
Foto vom damaligen 3:1-Sieg des
Nationalteams in Athen zeigt ihn
zwischen Franz Beckenbauer und
Wolfgang Overath. 1,93 Meter
groß, blondes Haar und lange
Koteletten – eine beeindruckende
Erscheinung.
So hatte ihn Beckenbauer knapp
40 Jahre später noch in Erin­
nerung, als es beim Jahrestreffen
des Clubs der Nationalspieler 2009
in Hamburg zumWiedersehen kam.
Der „Kaiser“ freilich hat seinen
einstigen Mitspieler zunächst nicht
erkannt. Konnte ihn auch gar
nicht wiedererkennen. Das blonde
Haupthaar war der Glatze ge­
wichen, auf der eine Brille thronte,
und die einst so schlanke stattliche
Gestalt hatte sich unter dem Ein-
fluss der Medikamente, die Groß
nehmen musste, in einen wuchti-
gen schweren Körper verwandelt.
Umso größer war Beckenbauers
Erstaunen, als er erfuhr, wer sich
dahinter verbarg. In einem langen
Gespräch ließ er sich Volkmar
Groß’ Werdegang während der
zurückliegenden Jahrzehnte er-
zählen. Es kristallisierte sich eine
wahre Odyssee heraus. Um der
Sperre zu entgehen, wechselte
Groß nach 101 Bundesligaspielen
für Hertha BSC zusammen mit
Arno Steffenhagen, der 1971 ge-
gen Mexiko ebenfalls sein erstes
und einziges Länderspiel bestritt,
nach Kapstadt in die damalige
„wilde“ südafrikanische Liga. 1973
begnadigt, ging er 1974 nach
Holland zu Twente Enschede,
wo er 1975 das UEFA-Pokalfinale
gegen Borussia Mönchengladbach
erreichte (und verlor).
1977 zurück in der Bundesliga zu-
nächst bei Tennis Borussia Berlin
und dann zwischen 1977 und 1979
bei Schalke 04 (35 Punktspiele)
verschlug es ihn, der, wie er sagte,
„in Zehlendorf mit Amerikanern
aufgewachsen war und in Englisch
immer eine Eins hatte“, in die Ver­
einigten Staaten. Wo er 25 Jahre
lang blieb und unter anderem mit
den San Diego Sockers US-Hallen-
meister wurde. 2003 kehrte er in
seine Geburts- und Heimatstadt
Berlin zurück, arbeitete als Wirt
und Mitinhaber in einer Sportsbar
und einer Fußballkneipe, ehe das
Schicksal ihn ganz hart traf.
1...,38,39,40,41,42,43,44,45,46,47 49,50,51,52