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AKTUELL IM BLICKPUNKT
25 JAHRE FUSSBALLEINHEIT
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Seit dem Mauerfall schafften 37 Nationalspieler aus dem Osten den Sprung in die deutsche
Fußball-Nationalmannschaft. Mit Matthias Sammer fing es vor nunmehr 25 Jahren an – beim
Wiedervereinigungsspiel gegen die Schweiz am 19. Dezember 1990 in Stuttgart, knapp einen
Monat nach der am 21. November in Leipzig offiziell vollzogenen deutschen Fußballeinheit.
Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg) ist seit Mai 2014 der vorläufig letzte Nationalspieler, der
im Osten geboren wurde und dort auch das Fußball-ABC vermittelt bekam. Doch der einst so
starke Nachschub aus dem Osten stockt.
37 Nationalspieler in 25 Jahren: Von Sammer und Ballack zu Kroos und Arnold
Den Blick gesenkt und in sich ver­
sunken. So erlebt das Länderspiel­
publikum an diesem 19. Dezember
1990 den ersten Ostdeutschen mit
dem Adler auf der Brust. Flankiert
wird Matthias Sammer vor dem
Spiel gegen die Schweiz von jeweils
fünf Mitspielern. Mit einer Ausnahme
alles Weltmeister. Als die Hymne in
Stuttgart erklingt, bleibt Sammer
stumm. Überwältigt vom Augenblick
und von dem, was in den vergangenen
Monaten alles auf ihn eingestürmt war.
In seinem Kopf spulen sich die Bilder
des Jahres ab: Im Sommer verlässt
der Dresdner als Meister und Pokal-
sieger seine Heimatstadt und geht
nach Stuttgart. Wechselt von der
DDR-Oberliga in die Bundesliga.
Auf der Fahrt in den Westen wird er
geblitzt und muss seinen Führer-
schein abgeben. Im September ist er
Kapitän und Anführer der letzten
DDR-Elf. Mit zwei Sammer-Toren ge-
gen Belgien verabschiedet sich diese
Nationalmannschaft in Brüssel von
der Fußball-Bühne. Für immer. An-
fang Oktober feiert das ganze Land
die Wiedervereinigung. Da hat Sam-
mer, einst bei Dynamo mit seinem
Sturm und Drang bekannt geworden,
schon dreimal für den VfB getroffen.
Die Öffentlichkeit erlebt gegen die
Schweiz einen ganz anderen Sammer
auf dem Platz. Für einen Stürmer
sehr zurückgezogen, eher den Sicher­
heits-Pass spielend, sich völlig in den
Dienst der Mannschaft stellend.
Schon vor dem Wiedervereinigungs-
spiel hatte Bundestrainer Berti
Vogts bei der personellen Zusam-
menstellung der Zimmer überrascht.
„Sammer –Matthäus“ heißt die spek-
takuläre Belegung mit den beiden
Platzhirschen. Für den geradezu
schüchtern wirkenden „Ossi“ Sam-
mer wird sie zum Kulturschock.
„Wessi“ Matthäus gibt ihm zwar den
einen oder anderen Tipp und schenkt
ihm sogar ein Trikot von Inter Mai-
land. Doch eigentlich telefoniert der
WM-Held die ganze Zeit wie ein Welt-
meister und will dem Neuen auch
noch die Hälfte der Rechnung auf-
brummen.
Auf der Bank in Stuttgart warten mit
Ulf Kirsten, Thomas Doll, Andreas
Thom und Perry Bräutigam weitere
Spieler der ehemaligen DDR-Aus-
wahl auf ihren Einsatz. Als Sammer
nach 74 Minuten durch Thom ersetzt
wird, gelingt diesem gleich mit der
ersten Ballberührung das 3:0.
Spätestens jetzt reibt sich der eine
oder andere Fußballfan die Hände:
Stimmt doch, was Beckenbauer ein
paar Monate zuvor gesagt hat!
Unmittelbar nach dem WM-Triumph
JUWELEN
aus dem Osten
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