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AKTUELL IM BLICKPUNKT
25 JAHRE FUSSBALLEINHEIT
Mauerfall und Fußballvereinigung waren für ihn der Glücksfall seines Lebens. Als Steffen
Freund 1991 vom Zweitligisten Stahl Brandenburg in die Bundesliga zu Schalke 04 wechselte,
danach mit Borussia Dortmund zweimal Deutscher Meister (1995 und 1996) sowie Champions
League-Sieger wurde, war er mit seiner starken Physis, seinem enormen Willen und seiner
unbändigen Kampfkraft zur richtigen Zeit an den richtigen Stellen der richtige Mann. Im Inter-
view mit dem CdN-Magazin beschreibt der ehemalige Nationalspieler (21 Länderspiele) und
Europameister von 1996 eindrucksvoll seinen Weg aus einer anderen Welt in eine andere Welt.
Europameister Steffen Freund über die Zeit vor der Wende und seine Jahre danach
CDN-MAGAZIN:
25 Jahre nach der
Wiedervereinigung und 26 Jahre
nach dem Mauerfall lebt diese für
Deutschland und die Welt historische
Zeit in vielen Dokumenten, Reporta-
gen und Fernsehsendungen immer
wieder auf. Wie präsent sind diese
Jahre für Sie als ehemaliger DDR-
Bürger heute noch?
STEFFEN FREUND:
Diese Zeit,
als ich 19, 20 Jahre alt war, kann und
will ich gar nicht vergessen. Ich bin ja
in Brandenburg nahe Berlin geboren
und aufgewachsen – in einer anderen
Welt, wenn ich das mit dem Leben im
heutigen Deutschland vergleiche.
Ich lasse mich schon aus Neugier
immer wieder gern in jene Jahre zu-
rückversetzen, weil ich dabei stets
neue Einsichten und Erkenntnisse
gewinne. Für uns Ostdeutsche hat
sich seinerzeit sehr vieles im alltäg­
lichen Leben fundamental verändert.
Wir hatten, Stichwort Mauerfall und
offene Grenze, ja das Glück einer
neuen Reise- und Bewegungsfreiheit.
Ich selbst als junger Fußballprofi
besaß nun die Chance, mir meine
beruflichen Wünsche nach den Ge-
setzen von Angebot und Nachfrage
erfüllen zu können.
CDN-MAGAZIN:
Sie blieben aber
als eines der großen Talente im DDR-
Fußball bis einschließlich der Saison
1990/91 erst einmal ihrem Oberliga-
verein BSG Stahl Brandenburg treu.
Warum?
STEFFEN FREUND:
Zunächst ver-
spürte ich den Impuls, in die Bundes-
liga wechseln zu wollen, gar nicht so
stark. Ich fühlte mich bei meinem
Verein ja sehr wohl. Stahl Branden-
burg mit einem großen Stahlwerk als
Förderer im Hintergrund war in den
Achtzigern mit der UEFA-Pokal-Teil-
nahme in der Saison 1986/87 eine
gute Adresse im DDR-Fußball. Ich
hatte das Glück, mich in diesem
Verein so entwickeln zu können, dass
ich zumJugendnationalspieler wurde
und in den später aufgelösten Kader
für die Olympischen Spiele 1992
berufen worden bin. Am Ende war
ich dann sehr froh, dass sich mein
damaliger Klub mit mir als rechter
Verteidiger oder Libero in der aller-
letzten Oberligasaison 1990/91 neben
fünf anderen Mannschaften für die
seinerzeit zweigeteilte 2. Bundesliga
qualifizieren konnte.
CDN-MAGAZIN:
Wie wild waren
die deutsch-deutschen Wechseljahre
aus Ihrer Sicht, als sich die staat­
liche Ordnung der DDR allmählich
verflüchtigte und im Fußball das
heftige Buhlen der Bundesligaklubs
um die besten Spieler der Oberliga
einsetzte?
STEFFEN FREUND:
Bei uns in
Brandenburg war das nicht so spür-
bar, weil wir ja für die 2. Bundesliga
qualifiziert waren mit einer Reihe
älterer Spieler, die bleiben wollten.
Topstars wie Andreas Thom, Ulf
Kirsten, Matthias Sammer oder
Thomas Doll wechselten 1989 oder
1990 in die Bundesliga. Viele andere
gute Spieler haben die Oberliga mit
einer reizvollen Perspektive zu Ende
gespielt. Danach wurden ja der Erste
und Zweite in die Bundesliga und die
sechs Mannschaften dahinter in die
„In einer anderen Welt“
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