CdN Magazin 25 ePaper - page 7

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Nach der WM 2002 nimmt der Anteil
der Ost-Akteure in der DFB-Auswahl
jedoch kontinuierlich ab. Zum einen
sind die einstigen Knaben der Kinder-
und Jugendsportschulen (KJS) in
die Jahre gekommen. Zum anderen
fehlen junge Talente, weil in den
90er-Jahren mit dem Niedergang der
Ost-Vereine dort auch die Nach-
wuchsausbildung nahezu flächen­
deckend zusammengebrochen war.
Hauptamtliche und entsprechend
qualifizierte Trainer oder Übungs­
leiter? Duale Ausbildung? Förder-
training für die Jahrgangsbesten? Die
Selbstverständlichkeiten aus DDR-
Zeiten gibt es nicht mehr. Und sticht
wirklich mal ein junger Fußballer aus
der Grasnarbe hervor, landet er fast
zwangsläufig imWesten. Gelockt von
der Aussicht, einmal in der Bundes­
liga spielen zu können. Gedrängt vom
eigenen Verein, wo man im Über­
Allen gleich ist die solide Grundaus-
bildung, die es im Westen in dieser
Form nicht gegeben hatte. Kondi­
tionell stark, taktisch-technisch gut
geschult, beidfüßig – kein Wunder,
dass viele Bundesligatrainer in den
90er-Jahren auf Nummer sicher ge-
hen und liebend gerne Ost-Spieler
verpflichten. Dabei zählen Fußballer
wie Steffen Freund, Thomas Linke
oder Jens Jeremies beileibe nicht
zu den Hochbegabten.
Jens Jeremies soll als 18-Jähriger
von Sigfried Held, seinem damaligen
Trainer bei Dynamo Dresden, gar den
guten Rat erhalten haben: „Suchen
Sie sich lieber einen vernünftigen
Beruf, das wird wohl nichts mit
Fußball!“ Sind es Sätze wie dieser,
von denen er sich angestachelt
fühlt? Mit 24 spielt Jeremies beim
FC Bayern, mit 28 wird er im DFB-
Trikot 2002 Vize-Weltmeister.
hatte der „Kaiser“ vollmundig pro-
phezeit: „Jetzt kommen noch die
Spieler aus der ehemaligen DDR
hinzu. Es tut mir leid für den Rest der
Welt, Deutschland wird auf Jahre
unschlagbar sein!“ Natürlich war
diese wagemutige Prognose längst
nicht so ernst gemeint, wie sie später
interpretiert werden sollte.
Was Beckenbauer wirklich meinte,
wird tatsächlich Realität. Bis zur
WM 2002 sollte die Generation der
Spartakiade-Kinder das Gesicht der
DFB-Auswahl zunehmend prägen.
Fahren zur WM 1994 mit Sammer
und Kirsten nur zwei Kicker mit, die
der Kaderschmiede Ost entstammen,
sind es vier Jahre später bei der
WM in Frankreich schon fünf und bei
der WM 2002 gar sieben Spieler
mit dieser Herkunft, angeführt von
den herausragenden Michael Ballack
und Bernd Schneider.
ERSTER IN DER DDR GEBORENE „ADLER­
TRÄGER“: MATTHIAS SAMMER WURDE MIT
DEM DFB-TEAM 1996 EUROPAMEISTER.
98 LÄNDERSPIELE, DAVON 55 ALS KAPITÄN,
42 TORE: MICHAEL BALLACK BLICKT AUF EINE
GROSSARTIGE DFB-KARRIERE ZURÜCK.
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