Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  13 / 52 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 13 / 52 Next Page
Page Background

13

fordern. Wenger: „Vorher hat er ge-

spielt, als sei er nicht besessen vom

Tore-Schießen, sondern mehr vom

Vorlagengeben. Seine Balance zwi-

schen Torerfolg und Vorlagen ist

jetzt besser.“ Eben dahin soll der

81-malige Nationalspieler auch in

seinen Auftritten für Deutschland

kommen.

Rückte Özil bei der Europameister-

schaft in Frankreich immer wieder

mal auf eine der Außenpositionen im

vorderen Mittelfeld, ist sein gesicher-

ter Stammplatz inzwischen vor allem

in der Mitte hinter der oder den Spit-

zen verankert. Der Mann mit dem

magischen Auge für die passende

Balance zwischen Dribbling, überra-

schenden Pässen und situativ gebo-

tenem Abschluss steht womöglich

vor einem großen Jahr, in dem auch

die in Deutschland nicht immer

ungeteilte Bewunderung für seine

intuitiv gefärbte Spielkunst weiter

wachsen könnte.

Özil kann den sanften

Stilwandel personifizieren

Özil selbst hat in der vorigen Saison

gesagt: „Ich sehe mich als klassi-

schen Zehner oder Spielmacher, der

offensiver agiert und Torchancen

kreiert.“ Gleichwohl darf und soll er,

der über eine gute Schusstechnik

verfügt, nach 81 Länderspielen mit

21 Treffern ruhig häufiger das eigent-

liche Ziel jedes Fußballspiels ins

Auge fassen und damit seine Tor­

quote deutlich steigern.

Die neue Nummer 10 im deutschen

Spiel, ein zuweilen genialer Spielbe-

schleuniger, kann sehr viel zu größe-

rer Effektivität in der Nationalmann-

schaft beitragen und damit, wie der

neue Mittelfeldchefstratege Kroos,

den von Löw proklamierten sanften

Stilwandel personifizieren. Auf die

beiden Weltmeister von 2014 warten

persönliche und im Kollektiv zu beste-

hende Reifeprüfungen, für die es 2018

den höchsten Lohn geben soll: die Titel­

verteidigung bei der WM in Russland.

Sie wäre ein Triumph für die Ge-

schichtsbücher, weil dieses Ziel noch

von keiner deutschen Nationalmann­

schaft bisher erreicht worden ist.

exakt zu Löws jüngsten Vorgaben für

das Nationalteam.

Ging es im Verlauf der beiden zurück­

liegenden Turniere bei der Beset-

zung der Mittelfeldpositionen auch

immer darum, den Faktor Schwein-

steiger zu berücksichtigen, um dem

charismatischen oberbayerischen

Vorkämpfer, falls nicht wieder einmal

verletzungsgeplagt, den ihm ge­

mäßen zentralen Platz in der Mann-

schaft zu verschaffen, kann Löw sein

Mittelfeldtableau jetzt unbeschwert

neu ordnen. Kroos, bei den Jahres­

abschlussländerspielen gegen San

Marino und Italien verletzt fehlend,

fällt bei der Besetzung der Sechser-

und Achterpositionen eine heraus­

ragende Rolle zu.

Zudem ist er nicht nur einer von Löws

Lieblingsspielern, ihm gehört auch

die hohe Wertschätzung seines Ver-

einstrainers Zinédine Zidane, der zu

seinen aktiven Hochzeiten der mut-

maßlich beste aller Fußballregis­

seure war. „Es ist ein Glück, einen

Spieler wie ihn zu haben“, lobt Zidane

den Deutschen, der seinen Vertrag

mit Real Madrid bis 2022 verlängert

hat und dabei zum bestverdienenden

deutschen Profi aufgestiegen sein soll.

Mesut Özil, der deutsche Spielma-

cher, ist ein erklärter Fan von Zidane.

Wie Kroos hat sich der gebürtige

Gelsenkirchener, ein Zauberer seines

Spiels, im Ausland den letzten Schliff

geholt für seine eindrucksvolle Art,

Ball und Gegner laufen zu lassen.

Zuerst bei Real Madrid (2010 bis

2013), danach und aktuell beim

FC Arsenal unter Trainer Arsène

Wenger. Der bei den November-Län-

derspielen von Löw geschonte Özil

war in der vorigen Saison der beste

Scorer der Premier League mit sechs

Treffern und 19 Torvorlagen und hat

auch während der ersten Hälfte

dieser Spielzeit in Premier League

und Champions League eine absolut

brillante Effizienz vorzuweisen.

Der 28 Jahre alte Deutsch-Türke

macht inzwischen mit größter

Selbstverständlichkeit, was Wenger

und Löw von ihm angesichts seines

Megatalents als Zusatzaufgabe ein-

Brasilien auf dem Weg zum WM-

Titelgewinn auch seine defensiven

Trümpfe mit Neuer, Lahm, Hummels

und Boateng effektiv aus.

Dazu inszenierten Löws Champions

in der Runde der letzten Vier eines

der größten WM-Spektakel beim

sensationellen 7:1-Triumph über Bra-

silien. Danach, im Endspiel gegen Ar-

gentinien, eroberten die Deutschen

auch deshalb den Titel mit einem

1:0 nach Verlängerung, weil sie tra­

ditionelle Fighter-Mentalität und

deutsche Organisationskunst mit

Elementen des ausgeklügelten Posi-

tionsfußballs verbanden, die zuerst

die Spanier und der FC Barcelona

vorgelebt hatten.

Kroos: „Verunsichern kann

mich eigentlich nichts.“

In Russland darf es 2018 nun wieder

ein bisschen mehr sein als zuletzt in

Frankreich. Die Mission Titelverteidi-

gung haben sowohl Löw als auch

DFB-Präsident Reinhard Grindel

offen ins Visier genommen. Zudem

streben die Spieler den nächsten

Gipfel, wie es aussieht, umstandslos

an. „Es sind alle gefordert, damit es

vorne wieder zackiger zugeht“, sagt

Kroos, der derzeit vermutlich präzi-

seste und beste Passlieferant in der

Welt seines Sports. 92,3 Prozent

betrug seine Vorlagen-Genauigkeits-

quote bei der EM. Der 26 Jahre alte

coole Mecklenburger ist in der Lage,

diesen Spitzenwert sogar noch zu

toppen. Seine Fähigkeit, auch unter

größtem Druck die Ruhe zu bewah-

ren und den Ball genau dahin zu

spielen, wo er am besten ankommt,

ist frappierend.

„Verunsichern kann mich eigentlich

nichts“, sagt Kroos, der schon als

Jugendlicher immer der Beste seines

Jahrgangs war und doch nie wie ein

Wunderknabe daherkam. Was Toni

Kroos anpackt, wirkt jederzeit reif,

klug, geschickt und öffnet immer

wieder Türen für den anschließenden

Torerfolg. Das Potenzial des Verbin-

dungsmanns im deutschen Spiel mit

seiner handwerklich unantastbaren

Qualität und dem Auge für den künst-

lerisch wertvollen Moment, passt