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AKTUELL IM BLICKPUNKT
100. GEBURTSTAG HELMUT SCHÖN
Am 15. September wäre Helmut Schön 100 Jahre alt geworden. Als Weltmeister 1974,
Europameister 1972, Vize-Weltmeister 1966, Vize-Europameister 1976 und WM-Dritter 1970
avancierte der einstige 16-malige Nationalspieler (17 Tore) aus Dresden während seiner
14 Jahre (1964 bis 1978) zum erfolgreichsten Bundestrainer der DFB-Historie. Berti Vogts
und Jürgen Grabowski erinnern sich im Exklusivinterview an die „Goldene Ära“ unter dem
„Mann mit der Mütze“, wie ihn Udo Jürgens beim Abschied besang. Zwei Weltmeister von
1974 über einen herausragenden Trainer und feinen Menschen, der am 23. Februar 1996
mit 80 Jahren in seiner Wahlheimat Wiesbaden starb.
Die Weltmeister Vogts und Grabowski über den erfolgreichsten Bundestrainer aller Zeiten
CDN-MAGAZIN:
Sie debütierten
unter Helmut Schön in der Natio-
nalmannschaft und Sie beendeten
unter ihm auch Ihre Zeit als Natio-
nalspieler. Welche Bedeutung hatte
Schön für Ihre Spielerkarriere?
GRABOWSKI:
Für mich war er
von überragender Bedeutung. Als ich
1965 von Wiesbaden-Biebrich zur Ein-
tracht kam, hatte ich dort das Glück,
mit Elek Schwarz, dem Erfolgscoach
von Benfica Lissabon, auf einen Trai-
ner zu treffen, der mit technisch star-
ken Spielern gerne gearbeitet hat,
siehe Eusebio bei Benfica. Er sagte zu
uns nach den ersten paar Trainings-
einheiten, der Grabowski spielt in ei-
nemJahr imNationalteam. Dies sollte
sich bereits im April 1966 bewahrhei-
ten, was zu jener Zeit nach gerade mal
sieben, acht Monaten in der Bundes­
liga nicht alltäglich war. Doch Helmut
Schön war von mir überzeugt und hat
mir den Weg in die Nationalmann-
schaft schneller als erwartet geebnet.
VOGTS:
Helmut Schön war neben
Hennes Weisweiler der wichtigste
Mensch, den ich als Fußballer gehabt
habe. Er hat alles für mich getan und
mir die Türen geöffnet zum interna­
tionalen Bereich. Über ihn kann ich nur
lobende Worte finden, über den Men-
schen und den Trainer Helmut Schön.
CDN-MAGAZIN:
Wie hat Ihnen
Helmut Schön diese Türen geöffnet?
VOGTS:
Meine Premiere fand 1967
beim EM-Qualifikationsspiel in Jugo-
slawien statt. Ich wurde nachnomi-
niert, musste damals von einem
Bundesligaspiel direkt zum Abflugort
nach Frankfurt kommen und hatte
meinen Pass nicht dabei. Das waren
die Umstände, unter denen ich zu
meinem ersten Länderspiel kam.
Dann haben wir auch noch 0:1 ver­
loren und mein Gegenspieler Skoblar
machte das Tor. Naja, das war ein
turbulenter Einstand.
GRABOWSKI:
Mir hat Schön bei
meinen ersten beiden Länderspielen
1966 in Irland und Nordirland erst
mal die Nervosität genommen. Mit
meinen 21 Jahren habe ich ja nicht
nur im Wortsinn zu ihm hochge-
schaut. Und er hat gleich gezeigt,
welch guter Psychologe er ist, weil er
mir als Neuling das Doppelzimmer
mit Uwe Seeler zuwies, unserem
Kapitän und dem damals sicherlich
bedeutendsten deutschen Spieler. Das
hat meinen Einstand sehr erleichtert.
Gentleman mit
RÜCKGRAT
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