CdN Magazin 24 ePaper - page 30

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SERIE
DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER
Abwehrspezialist Konrad Weise über die Duelle mit den weltbesten Stürmern
Verblüffend ist Konrad Weises Credo
als Fußballer und es bestätigt das
Urteil all derer, die ihn bei Carl Zeiss
Jena und in der DDR-Auswahl­
mannschaft haben spielen gesehen:
„Es war mir eine Freude, dem Gegner
den Ball abzujagen!“
Möglichst viele Tore schießen oder
Traumpässe schlagen? Weit gefehlt!
Konrad Weises Stärke war die kom-
promisslose und saubere Abwehr­
arbeit. So galt der „Schattenmann“
bei der WM 1974 als einer der besten
Abwehrspieler des Turniers. Johan
Cruyff oder Gerd Müller werden es
„gern“ bestätigen. Auch sie und viele
andere internationale und nationale
Angriffsgrößen hat der schnelle und
zweikampfstarke, aber stets faire
„Terrier“ während seiner Glanzzeit
als Abwehrspezialist in die Schran-
ken gewiesen. Ihm war es eine
Freude. Und seinen prominenten
Gegenspielern …?
Heute lässt es der Thüringer, der vor
wenigen Tagen 64 Jahre alt wurde,
gemächlicher angehen. Es ist ruhig
um ihn geworden. Das Sportgeschäft
in seiner Heimatstadt Greiz musste
er im Sommer 2013 nach rund
15 Jahren aufgeben. Schuld daran
das Hochwasser der Weißen Elster.
„Im Laden stand das Wasser manns-
hoch“, erklärt Weise und winkt ab:
„Wir hätten noch einmal komplett
von vorn beginnen müssen.“ So fiel
das zweite Standbein weg, das er sich
irgendwann parallel zum unsicheren
Trainer-Job aufgebaut hatte.
Doch so wie er erzählt, wirkt
er grundzufrieden. „Bin ich auch“,
sagt „Konny“ Weise und fügt, wie
aus der Pistole geschossen, an: „Am
7.7.14, den Tag kann ich mir sehr gut
merken, bin ich Opa geworden!“
Dabei strahlt er wie früher, als er
nach erfolgreichen Spielen vom
Rasen kam.
Gemessen an Lorbeer und Trium-
phen, ist er einer der erfolgreichsten
DDR-Auswahlspieler überhaupt:
Klar, WM-Teilnehmer 1974 und Olym-
piasieger 1976. Auf dem Weg zum
Gold-Triumph in Montreal war er als
einziger Akteur in allen elf Qualifika-
tions- und Endrundenspielen jeweils
über die volle Zeit dabei. Weise, der
Dauerbrenner. „Tatsächlich? Das ist
mir wirklich neu“, reagiert er über-
rascht. Um im gleichen Atemzug zu
gestehen: „Da fällt mir ein, ich muss
meine Goldmedaille endlich mal
reparieren lassen. Da ist die Kette
von der Medaille abgerissen.“
Im Sommer 1966 war der gebürtige
Greizer zum FC Carl Zeiss nach Jena
gekommen. Seine ersten Erfolge
feiert der junge Verteidiger auf Nach-
wuchs-Auswahlebene. Da hat er
gerade eine Lehre als Werkzeug­
macher abgeschlossen. Beim dama-
„Es war mir eine Freude“
Einst waren sie bekannt, populär, beliebt und bewundert. Teilweise sogar erfolgreiche WM-
und EM-Teilnehmer. Doch inzwischen sind sie aus dem Rampenlicht verschwunden, haben
sich zurückgezogen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, stehen abseits der Schlagzeilen.
Manch einer ist in Vergessenheit geraten, zum Teil sogar einsam geworden. Nationalspieler
im Verborgenen. Aus unterschiedlichen Gründen, wie unsere Serie im CdN-Magazin zeigt.
Teil 5: Konrad Weise (64). Wenn man ihn trifft, begegnet man einem freundlichen und sehr
bescheidenen Menschen. Dieser Mann soll in den 70er-Jahren ein gefürchteter Stürmerschreck
gewesen sein?
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