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DAS WORT ZUM SPORT
INTERV IEW MIT KARL-HEINZ SCHNELLINGER
„Ausgerechnet Schnellinger“ rief der Fernsehreporter Ernst Huberty ins Mikrofon und
ergänzte, „werden die Italiener sagen“. Es war Karl-Heinz Schnellinger, der deutsche Profi
beim AC Mailand, der 1970 bei der WM in Mexiko Sekunden vor dem Abpfiff das 1:1 erzielte
und damit dieses Halbfinale zwischen Deutschland und Italien in der Verlängerung zum
„Spiel des Jahrhunderts“ werden ließ.
Das Wort zum Sport:
Karl-Heinz Schnellingers Rück- und Ausblick auf die WM in Südamerika
Dieser Treffer wurde zum Marken­
zeichen eines der weltbesten Ab-
wehrspieler, der auch ohne WM- oder
EM-Titel – ähnlich wie Oliver Kahn –
zu den erfolgreichsten deutschen
Fußballern zählt. Deutscher Meister
1962 mit dem 1. FC Köln und im glei-
chen Jahr zu Deutschlands „Fuß­
baller des Jahres“ gewählt, wech­
selte er 1963 als einer der ersten
deutschen Profis nach Italien, wo der
viermalige WM-Teilnehmer zwischen
1965 und 1974 mit dem AC Mailand
alle wichtigen nationalen und inter-
nationalen Titel gewann.
Abgesehen von der Bundesliga-Saison 1973/1974 bei Tennis Bo­
russia Berlin zum Abschluss der
Karriere lebt der verheiratete Vater
von drei Töchtern seit fünf Jahr­
zehnten in der Nähe von Mailand.
Im CdN-Exklusivinterview erklärt
der noch immer blonde „Carlo“ die
Bedeutung seines einzigen Länder-
spieltores für ihn selbst, blickt aus
aktuellem Anlass auf seine beiden
WM-Teilnahmen in Lateinamerika
zurück, erläutert seine Erwartungen
an die bevorstehende WM-Endrunde
in Brasilien und die dortigen deut-
schen Chancen sowie seine große
Hoffnung auf ein Duell mit Italien.
Am 31. März wird der gebürtige
Dürener, der in den 60er-Jahren, wie
er betont, „viel zur Entspannung
zwischen Deutschland und Italien
beigetragen“ hat, 75 Jahre alt.
CDN-MAGAZIN:
Herr Schnellinger,
Sie leben, von einer kurzen Unter­
brechung abgesehen, seit fünf Jahr-
zehnten in Italien, werden dort, aber
auch bei Ihren seltenen Deutsch-
land-Besuchen, immer wieder mit
„Ihrem“ legendären WM-Tor kon-
frontiert. Wann haben Sie zuletzt die
Geschichte dieses Treffers erzählen
müssen, der zu der mittlerweile
schon mythischen Verlängerung des
WM-Halbfinales 1970 zwischen
Deutschland und Italien führte?
SCHNELLINGER:
Bei Auftritten im
Fernsehen oder anderen Veranstal-
tungen ist das eine Standardfrage an
mich. Aber auch der einfache Mann
auf der Straße erkennt mich noch und
sagt, wie zuletzt bei einem Einkaufs-
bummel in Mailand, „Sie waren doch
der, der dieses ominöse Tor als Profi
von AC Milan gegen uns erzielt hat.“
In Italien weiß man noch, wer ich bin
und wer ich war.
CDN-MAGAZIN:
Welche Bedeu-
tung hatte dieses späte und einzige
Tor Ihrer Länderspiel-Karriere für
Ihr Leben als Fußballer?
SCHNELLINGER:
Gott sei Dank ist
mir in meinem drittletzten Länder-
spiel dieses Tor noch gelungen. Sonst
würde man sich in Deutschland gar
nicht mehr an mich erinnern. So aber
werde ich immer wieder als Verur­
sacher jener dramatischen Verlän­
gerung ins Gespräch gebracht, die ja
von vielen Experten und ehemaligen
„Ich war Deutschlands
erster Libero“
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