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VOR 50 JAHREN
HELMUT SCHÖNS AMTSANTRITT UND DAS ENDE DER ERSTEN BUNDESLIGA-SAISON
1962 stand er am Tiefpunkt seiner Karriere, als er bei der WM in Chile vom Stammtorwart zum
Reservisten degradiert wurde. Vier Jahre später stieg er als Direktbeteiligter beim legendären
Wembley-Tor im WM-Finale von London zu einem Hauptdarsteller der Fußballhistorie auf.
Zwischen diesen beiden Turnieren erlebte Hans Tilkowski (79) vor 50 Jahren den Aufbruch
zum großen Umbruch im deutschen Fußball, als mit der ersten Bundesliga-Saison ebenso
eine neue Zeitrechnung begann wie mit Helmut Schöns Antritt als Bundestrainer. Porträtiert
von Hans-Josef Justen, dem langjährigen früheren Sportchef der WAZ, blickt Tilkowski, ein
Vorbild als Mensch und als Torwart, zurück auf diese spannende Zeit.
Vor 50 Jahren:
Helmut Schöns Amtsantritt und das Ende der ersten Bundesliga-Saison
Wenn ihn irgendwo auf der Welt seit
fast fünf Jahrzehnten jemand an-
spricht, dass er „da mal eine Frage
hätte“, dann nimmt er die Antwort
vorweg, ohne sich überhaupt die
Frage anzuhören: „Der war nicht
drin“; bekräftigt Hans Tilkowski, der
natürlich ahnt, was gemeint ist.
Denn es war jener Ball, mit dem die
englische Nationalmannschaft am
30. Juli 1966 imWeltmeisterschafts-
Finale von Wembley gegen Deutsch-
land einen der umstrittensten,
einen der meistdiskutierten Treffer
der Fußballgeschichte erzielte.
In der 11. Minute der Verlängerung,
beim Stand von 2:2, donnerte Geoff
Hurst den Ball an die Unterkante der
Latte. Wohin die Kugel dann gefallen
ist, bleibt ein Geheimnis bis heute,
selbst von Super-Zeitlupen und wis-
senschaftlichen Untersuchungen
nicht aufgeklärt. Hans Tilkowski,
Deutschlands Torwart, der natürlich
so nah dran war wie kein anderer,
schwört alle erdenklichen Eide, dass
der Ball nicht jenseits des weißen
Kreidestrichs landete. Doch der
Linienrichter Bachramow aus der
UdSSR reklamierte exklusiv für sich
das Gegenteil. Und Schiedsrichter
Gottfried Dienst, ein Schweizer,
glaubte dem Mann mit der Fahne und
entschied: 3:2 für England.
„Und ewig fällt das
Wembley-Tor“
Dass am Ende sogar ein 4:2, regulär
erzielt, daraus geworden ist, weiß
mittlerweile kaum noch jemand.
Denn Dauerthema Nummer eins ist
und bleibt „das dritte“ – auch für
Hans Tilkowski: „Selbst wenn wir
Weltmeister geworden wären, würde
darüber bis heute nicht so leiden-
schaftlich diskutiert wie über diesen
Treffer. Der bleibt auf immer und
ewig“, sagt der ehemalige Rekord-
Nationaltorwart, der damit sogar
seiner Biographie den Titel widmete:
„Und ewig fällt das Wembley-Tor“.
Für den gebürtigen Dortmunder war
jener Sonntag von Wembley trotz
Gewinn des DFB-Pokals und des
Europacups einer der Höhepunkte
seiner windungsreichen Karriere, die
vier Jahre vorher einen schmerz­
haften Knick hatte.
Tilkowskis „Wortbruch“ und
der Aufbruch zum Umbruch
VOR DEM WACHWECHSEL:
TILKOWSKI MIT HERBERGER UND
DESSEN NACHFOLGER SCHÖN.
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