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HISTORISCHER RÜCKBLICK
KAPITÄNE DER DDR-AUSWAHL
Foto mit dem Handschlag von Ham-
burg um die Welt. Kapitän Bransch
und Kapitän Beckenbauer vor dem
„Wir gegen Uns“. Damals Ost gegen
West. Sparwasser trifft und beim
Gang in die Kabine habe Berti Vogts
dem DDR-Spielführer ins Ohr geraunt:
„Wir sehen uns im Finale wieder!“
Bernd Bransch lacht: „Sollen sie mal
schön froh sein, dass es nicht so
gekommen ist. Sonst wären wir doch
Weltmeister geworden!“
Dixie Dörner betritt den Dynamo-
Tempel. Das heutige Stadion hätte
gut zum einstigen Dresdner Kreisel
der legendären Meister-Elf gepasst.
Die Libero-Ikone, inzwischen 64 Jahre
alt, sitzt im Aufsichtsrat beim Dritt
ligisten. In Montreal 1976 spielte er
das Turnier seines Lebens. Kapitän,
Torschützenkönig, Olympiasieger,
Vaterländischer Verdienstorden. Mehr
geht nicht, zumindest für einen DDR-
Fußballer. Georg Buschner hatte
ihn im Herbst 1975 zum Bransch-
Nachfolger bestimmt. Dörner weiß
es noch genau: „Ob ich mir das
zutrauen würde, fragte er vor dem
EM-Qualifikationsspiel in Belgien“.
Insgesamt 60 Mal führt er als Ka
pitän die Nationalelf auf den Rasen.
Bis heute nur von Lothar Matthäus
überflügelt, der es auf 75 Einsätze
als Spielführer bringt.
Kicker ist zu diesemZeitpunkt auf einem
Nebenplatz ein Training angesetzt.
Mit dem Gewinn der olympischen
Bronzemedaille entwickelt sich das
anfangs distanzierte Verhältnis zu
Georg Buschner. Der Trainer sucht
nun häufiger das Einzelgespräch mit
seinem Kapitän. Erst recht, als Links-
fuß Bransch die DDR mit zwei Frei-
stoßtreffern gegen Rumänien zur
WM 1974 schießt. 95.000 Fans im
Leipziger Zentralstadion bejubeln die
pfiffigen Standards. „Danach ging es
sofort nach Hause“, erinnert sich
Bernd Bransch. Buschner kannte da
kein Pardon. Erst nach einem
4:1-Erfolg in Albanien darf auf die
WM-Teilnahme angestoßen werden.
Und wer darf mit zur Endrunde?
Auch diese Dinge habe der Coach mit
ihm besprochen, so Bransch. Er habe
sich für Klaus Sammer (Dresden)
und Henning Frenzel (Leipzig) stark
gemacht, zwei Stammspieler der
WM-Qualifikation. Doch Buschner
wird auf beide verzichteten.
Es ist die vielleicht beste Phase der
DDR. Für die Menschen im Arbeiter-
und Bauern-Staat und im Fußball
sowieso. Magdeburg holt den Europa
cup, Leipzig steht im Halbfinale. Und
die Dresdner hatten die Bayern lange
zittern lassen. Im Juni 1974 geht das
Halle, die Händelstadt in diesen Tagen.
Am Denkmal des Barockkomponis-
ten wartet Bernd Bransch, inzwi-
schen nunmehr 70 Jahre alt. Für
„BB“ wird das olympische Turnier von
München 1972 zum ersten Höhe-
punkt. Georg Buschner hatte ihn zwei
Jahre zuvor zum Kapitän bestimmt.
Vielleicht, weil Bransch in der Klub-
mannschaft schon mit 21 Jahren die
Binde getragen hatte. Jetzt, mit
knapp 28 Jahren, gehört der Abwehr-
chef zu den wenigen Älteren. Seine
Aufgaben? „Eine positive Rolle spie-
len, Optimismus ausstrahlen. Den
einen oder anderen motivieren, auch
in kleineren Runden. Dazu bei offi
ziellen Anlässen ein paar Sätze im
Namen der Mannschaft sagen.“
1972 auf nächster Nähe
die Geiselnahme miterlebt
Sprachlos ist Bernd Bransch, als die
DDR-Fußballer im Olympischen
Dorf aus nächster Nähe unfreiwillig
Zeugen der Geiselnahme werden. An
diesem Tag müssen sie gegen Mexiko
ran. Auf der Heimfahrt vom Spiel
hören sie im Bus von der Befreiung
der Geiseln, ein Teil der Terroristen
sei flüchtig. Was wirklich geschah,
werden sie erst später erfahren. Eine
Teilnahme an der offiziellen Trauer-
feier wird dem Team untersagt. Für die
LÄNDERSPIEL GEGEN DIE SCHWEIZ 1979 IN BERLIN: HANS-JÜRGEN „DIXIE“ DÖRNER
IN EINEM SEINER 60 EINSÄTZE ALS KAPITÄN DER DDR-AUSWAHL.