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AUF DEM WEG ZUR EURO 2016
DIE DEUTSCHE EM- GESCHICHTE
Der Weg der deutschen Nationalmannschaft zur EM-Endrunde 2016 in Frankreich hat bisher
deutlich gemacht: Qualifikation kommt von Qual. Doch wenn sie gelingt, war und ist die Qual
nicht vergeblich: Bei elf EM-Teilnahmen erreichte Deutschland achtmal das Halbfinale und hat
von sechs Endspielen drei gewonnen. Highlights und denkwürdige Momente der deutschen
EM-Historie, in der er auch Otto Rehhagel und Kurt Tschenscher eine Hauptrolle spielen.
Die Geschichte der Fußball-Europameisterschaft – eine deutsche Erfolgsgeschichte
Die folgende Geschichte handelt von
vielen Siegen. Denn die Geschichte
der EM ist, sagen wir es ohne falsche
Bescheidenheit, eine deutsche Er-
folgsgeschichte. Und die nackten
Zahlen müssten eigentlich genügen,
um den zähen Widerstand der Polen,
Iren und Schotten in der laufenden
EM-Qualifikation bei den Rückspielen
im kommenden Herbst schlagartig
erlahmen zu lassen: Bei elf Teilnah-
men standen wir achtmal in der
Runde der besten Vier, und von sechs
Endspielen haben wir drei gewonnen.
Es könnten auch fünf Titel sein, aber
im Rahmen der Heldenschändung
müssen wir es leider laut sagen: Aus-
gerechnet Sepp Herberger, unser
Gottvater des Wunders von Bern ’54,
hat es verhindert. Als Bundestrainer
huldigte er dem damaligen Zeitgeist
der Republik („Keine Experimente!“)
und hielt den 1960 erstmals ausge-
tragenen „Europacup der Nationen“
für „reine Zeitverschwendung“. Heut-
zutage würde Jogi Löw für einen
solchen freiwilligen Verzicht entmün-
digt – denn die Fußball-EM ist mitt-
lerweile die drittgrößte Sportveran-
staltung der Welt, und die Endrunde
2016 in Frankreich muss wegen
wachsender Faszination erstmals
aufgestockt werden auf 24 Teams.
Ursprünglich waren es vier Teilneh-
mer. 1960 ging es in Paris erstmals
um die „Coupe Henri Delaunay“ (so
hieß der Franzose, der die EM-Idee
hatte), und die Sowjets mit dem
fünfarmigen Lew Jaschin im Kasten
nutzten die deutsche Abwesenheit
zum Finalsieg. Uns Deutsche interes-
sierte in jenem Frühsommer eher
das Europacupfinale zwischen Real
Madrid und Eintracht Frankfurt. Dank
heldenhafter hessischer Gegenwehr
ging es vor 120.000 Zuschauern in
Glasgow nur 7:3 für die damals schier
unschlagbaren „Königlichen“ aus.
Fußball im Fernsehen war noch
Glückssache. Viele Bildschirme äh-
nelten immer noch dem kleinen,
ovalen Rückfenster des VW-Käfers,
und man sah flackernde Schwarz-
weißbilder mit verschwommenen
Gestalten, die hinter einem nur sche-
menhaft zu erkennenden runden Ding
herrannten. Dass auch die EM 1964
(mit dem Heimsieg der Spanier)
ohne uns stattfand, war also nicht
weiter tragisch.
1968 ging es dann aber los, auch in
puncto EM galt bei uns fortan der
Satz von Ringelnatz: „Ich kenne wen,
der litt akut – an Fußballwahn und
Fußballwut.“ Letztere war zunächst
sogar richtig groß. 0:0 in der Qualifi-
kation gegen Albanien, raus ohne
Applaus! Helmut Schön hatte als
Bundestrainer nichts zu lachen, denn
schon tags darauf zogen ihm die
„Bild“-Jungs seinen unvergessenen
hohen Scheitel mit der Balkenschlag-
Ein Hoch auf
Helden und Hexer
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