CdN Magazin 23 ePaper - page 31

31
Warschau die Sternstunde seines
Lebens hatte und nach dem 2:1-
Sieg der Azzurri auf seine italieni-
schen Kickstiefel schrieb: „Bye, Bye,
Deutschland.“
Schwamm drüber. Denn schämen
mussten wir uns nie – wie sagte
schon Helmut Schön, wenn er aus-
nahmsweise einmal nicht gewann:
„Lieber ein guter Verlierer als ein
schlechter Sieger.“
So hat sich also alles ganz prächtig
entwickelt, seit Sepp Herberger sei-
nerzeit den einzigen Irrtum seines
Trainerlebens beging und in sein
berühmtes Notizbuch schrieb: „Zwi-
schen zwei Weltmeisterschaften ist
der Neuaufbau einer starken Natio-
nalmannschaft die erste Aufgabe.
Ein Europaturnier stört dabei nur“.
Jogi Löw kann darüber schmunzeln.
Er muss nichts Neues aufbauen –
seine Weltmeister müssen nur noch
Europameister werden.
2016 wäre der nächste Termin frei.
Falls die Qual der Qualifikation er-
folgreich überstanden wird.
Oskar Beck
in der Gruppenphase, schon mal
Philipp Lahm, Bastian Schwein­
steiger und Lukas Podolski rein-
schnuppern lassen – während Otto
Rehhagel unsere deutsche Ehre
rettete. Als größter Sensations­
trainer der Fußballgeschichte trieb
der große Rehakles, ein Hexer der
besonderen Art, die Griechen zum
Galopp, indem er zu Angelos Cha-
risteas, seinem ehemaligen Bremer
Torjäger, sagte: „Ich setze dich
aufs Pferd, reiten musst du selbst“.
Die finalen Folgen: Portugal-Grie-
chenland 0:1, Volltreffer Charisteas.
Rehakles ein Hexer
der besonderen Art
Am besten aber gefällt uns ein
Europameister natürlich immer
noch im DFB-Trikot, und wenn nicht
die Spanier zur Unzeit ihre Goldene
Generation in Form der „Furia Roja“
ausgepackt hätten, hätte Michael
Ballack mit der Goldenen Genera­
tion des deutschen Fußballs das
EM-Endspiel 2008 in Wien 1:0 ge-
wonnen, nicht umgekehrt. Bitter war
auch, dass Mario Balotelli aus­
gerechnet im EM-Halbfinale 2012 in
England an Elfmetern, was nötig war.
Doch beim Endspiel in Wembley führ-
ten die Tschechen kurz vor Schluss
1:0 – und verzweifelt fragte Bundes-
trainer Berti Vogts seinen Ärmel:
„Hast du noch einen letzten Trumpf in
dir stecken?“ „Ja“, antwortete der
Ärmel, „den Bierhoff“.
Der Rest ist Legende. Kopf Bierhoff –
1:1. Fuß Bierhoff – 2:1. Es ist, in der
Verlängerung, das erste „Golden
Goal“ der Fußballgeschichte, auf der
Stelle ist Schluss. Oliver Bierhoff, der
Held und Hexer des Tages, reißt sich
das Trikot vom Leib, „und dann lagen
schon alle auf mir.“ 33 Millionen
Deutsche genießen die Siegerehrung,
Kanzler Kohl zwängt sich zum Gratu-
lieren in die Kabine, und tags darauf
schickt er vier Tornados der Bundes-
wehr los, als Empfangskomitee für
die Helden.
Die Dürrezeit danach wurde optimal
genutzt. Bei der EM 2000 haben
wir bei den Franzosen um Zinedine
Zidane auf deren Weg zum EM-Titel
abgeschaut, wie man den Fuß-
ball der Zukunft spielt, und bei der
EM 2004, ebenfalls bereits Aus
HALBFINAL-AUS BEI DER HEIM-EM 1988: MARCO VAN BASTEN
ERZIELT DEN SIEGTREFFER FÜR DIE NIEDERLÄNDER.
EM-HELDEN 1996: „MATCHWINNER“ OLIVER BIERHOFF
UND TORWART ANDREAS KÖPKE.
1...,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30 32,33,34,35,36,37,38,39,40,41,...48
Powered by FlippingBook