CdN Magazin 25 ePaper - page 19

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vors Tor, auf den Kopf von Hrubesch,
und rein ins Eckige – fragen Sie
meinen Opa, der war damals der
EM-Ball in Rom.
Der alte Lederstrumpf lebt noch?
BALL:
Opa ist zäh, noch echtes
Rindsleder, handgenäht. Und er ist
immer gut gepflegt worden. Sie
müssten ihn hören, wenn er vom
Außenrist Beckenbauers schwärmt.
1972, dieses Ramba-Zamba mit Net-
zer, das war Streichelfußball, man
musste noch keine Angst haben, als
Pflegeball im Rollstuhl zu landen.
Günter Netzer besucht meinen Groß-
vater noch heute oft im UEFA-Senio-
renheim, und sie blättern im Album
mit den Bildern von früher. Das
Schönste ist das, wo sich Netzer
meinen Opa auf den Elfmeterpunkt
legt und streichelt, da kommen­
einem vor Rührung die Tränen ...
Wann war Ihr Vater EM-Ball?
BALL:
1996. Nach dem Finale in
Wembley hat ihm Oliver Bierhoff das
Du angeboten. Sie werden sich erin-
nern, es stand 1:0 für die Tschechen,
das Spiel war so gut wie gelaufen, da
brüllte mein Papa den Christian Ziege
an: Hau mich einfach hoch in den
Strafraum, auf den Langen!
Muss man als Ball nicht neutral
sein?
BALL:
Wenn du aus Herzogenau-
rach kommst, bist du nun einmal
Deutscher. Also, Freistoß Ziege,
Kopf Bierhoff, 1:1. Und beim 2:1
ist Papa dem Torwart der Tschechen
über die Hand gerutscht. Ach, was
lachen wir beim Familientag immer
darüber. Beim Finale 1980 war es
ja ähnlich. Letzte Minute, Ecke
Rummenigge, traumhafter Rundflug
Monroe? Wenn Mesut Özil mich be-
rührt, ist das eine Liebeserklärung.
Dafür wird man Ball – dass einer
zärtlich mit dir dribbelt, dich mit der
Sohle tätschelt, mit dem Außenrist
streichelt oder unter die Latte ins
Dreieck ballert. Nie vergesse ich, wie
mich Michael Ballack bei der Europa-
meisterschaft 2008 in Wien dem
österreichischen Torwart umdie Ohren
geknallt hat, wie hieß der nochmal?
Jürgen Macho.
BALL:
Richtig, Macho. Aber wie ein
Macho habe in dem Moment eher
ich als Ball mich gefühlt, unwider-
stehlich. Pass auf, sagte Ballack
beim Anlauf zu mir, dem Macho
brechen wir jetzt die Finger. 1:0, das
goldene Tor! Es war mein erstes
EM-Turnier, ein Traum. Als ich heim-
kam, sagte mein Vater: Toll gemacht,
Bub, wie ich früher.
PRÄSENTATION VON „BEAU JEU“, DES SPIELBALLS FÜR DIE EUROPAMEISTERSCHAFT 2016:
DIE DREI WELTMEISTER PER MERTESACKER, ZINEDINE ZIDANE UND XAVI HERNÁNDEZ.
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