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AKTUELL IM BLICKPUNKT
INTERV IEW MIT FRANZ BECKENBAUER
Zuspieler ist, der die Offensivspieler,
speziell die Stürmer, in Szene setzt
und in Ballbesitz bringt. Wenn ich
jetzt richtig darüber nachdenke, gibt
es in der Tat viele Gemeinsamkeiten
in unserer grundsätzlichen Spiel­
auffassung.
Sehen Sie bei Lahm die Chance,
neuer Rekordnationalspieler des
DFB zu werden?
Franz Beckenbauer:
Philipp Lahm
blickt auf eine fantastische Karriere
beim FC Bayern und DFB zurück.
Vor allem aber hat er mit seinen
29 Jahren noch etliche erfolgreiche
Jahre vor sich. Ich traue ihm zu,
dass er in den nächsten vier Jahren
Deutschlands Rekordnationalspieler
wird. Wenn es einer schafft, Lothar
Matthäus mit dessen 150 Länder-
spielen zu überholen, dann ist es
Lahm. Natürlich hat auch Klose mit
seinen 130 Länderspielen eine große
Chance. Doch der Miro ist schon 35,
und wir wissen nicht, ob er nach
der WM in Brasilien weitermacht im
Nationalteam. Irgendwann wird der
Philipp meiner Meinung nach, so oder
so, Rekordnationalspieler werden.
Ihm traue ich es am ehesten zu.
Im Gegensatz zu Ihnen vermisst
man bei Philipp Lahm als Mitglied
im Klub der Hunderter noch die
Krönung seiner Karriere. Oder?
Franz Beckenbauer:
Mit dem FC
Bayern hat er ja alles an Titeln und
Triumphen erreicht. Der National-
mannschaft aber blieb mit Philipp
Lahm trotz guter Leistungen bei den
vergangenen EM- und WM-Turnieren
der ganz große Erfolg bisher versagt.
In Brasilien unternehmen sie ge-
meinsam nun einen neuen Anlauf.
Ich schätze die Chancen, dass es
endlich klappt, als sehr hoch ein.
Wenn eine Mannschaft aus Europa
bei der WM im nächsten Jahr in Süd-
amerika Weltmeister wird, dann ist
es nicht Spanien, der Titelverteidiger.
Dann wird es unsere Mannschaft
sein, die ich dort auf einem Höhe-
punkt ihrer Entwicklung erwarte. Mit
einem starken Kapitän Philipp Lahm.
Interview: Wolfgang Tobien
Franz Beckenbauer:
Er ist als Spiel-
führer ein echter Anführer, der mit
Leistung vorangeht, in kämpferischer
und spielerischer Hinsicht ein wirk­
liches Vorbild ist. Vielleicht war ich
als Kapitän ein bissel lauter und
unbequemer.
Wie würden Sie Lahms Führungs-
stil also beschreiben?
Franz Beckenbauer:
Kapitän werden
und bleiben kannst du in der Natio-
nalmannschaft nur durch Leistung.
Der Philipp beeindruckt nicht mit
großen Gesten und lauten Worten
auf dem Spielfeld, ist aber trotzdem
ein absolut durchsetzungskräftiger
Kapitän. Ein kleiner Kerl als große
Persönlichkeit, die durch Leistung
glaubwürdig ist und damit überzeugt.
Was heute, im Gegensatz zu früher
mit dem damaligen Leistungsgefälle,
angesichts einer durch die Bank mit
hervorragenden Spielern gleich­
mäßig besetzten Mannschaft sicher-
lich nicht einfach ist.
An welches der bisherigen Lahm-
Länderspiele erinnern Sie sich
ganz besonders?
Franz Beckenbauer:
Gerade weil
Philipp Lahm alle seine Länderspiele
auf hohem und höchstem Niveau
absolviert, gibt es kaum eine Begeg-
nung, die ich besonders in Erinnerung
habe. Unvergessen ist natürlich das
Eröffnungsspiel bei der WM 2006
in München gegen Costa Rica. In
unserem WM-Organisationskomitee
haben wir alle auf einen guten Start
unserer Mannschaft gehofft. Da war
es der Philipp, der mit seinem fulmi-
nanten Tor zum 1:0 den Bann brach
und mithalf, dass dieses Turnier
sportlich und für uns alle auch
atmosphärisch so toll verlief.
Als vielseitige Defensivspieler
stößt man bei Ihnen beiden auf
etliche Gemeinsamkeiten ...
Franz Beckenbauer:
Wobei ich mehr
im Zentralbereich spielte und er
häufiger auf den Außenpositionen
agiert. Ich sehe mich vielleicht etwas
anders. Obwohl, auch der Philipp ist
einer, der nach vorne geht, der ein
Franz Beckenbauer:
Klar, weil an-
fangs Rudi Völler, danach Jürgen
Klinsmann und jetzt Jogi Löw genau
wussten und wissen, was sie an ihm
hatten und haben. Auf seine Zuver-
lässigkeit und Zielstrebigkeit war
immer Verlass. Umgekehrt spürt
man bei Philipp Lahm, dass er es
genießt und sich freut, im National-
team zu spielen. Auch, weil dort
alles stimmt und Jogi Löw einen
hervorragenden Job macht.
Das Amt des Kapitäns ist eine
weitere Gemeinsamkeit. Wie übt
er diese Rolle im Vergleich mit
Ihnen aus?
ERSTER „100ER“ DES DFB: DER „KAISER“
ABSOLVIERTE ZWISCHEN 1965 UND 1977
103 LÄNDERSPIELE.
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