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SERIE SCHLÜSSELSPIELER ( TEIL 5)
ZENTRALES OFFENSI VES MITTELFELD
Während der Entwicklung des Fußball haben sich Schlüsselpositionen herausgebildet,
auf denen das dem Spiel von Natur aus innewohnende Risiko und seine Fehlerhaftigkeit mini-
miert und das eigentlich nicht Vorhersehbare einem planbaren Ergebnis zugeführt werden
soll. Zuständig hierfür sind die Schlüsselspieler. Akteure, die zum einen für das unerlässliche
Zusammenwirken der verschiedenen Mannschaftsteile sorgen und damit für die funktio­
nierende taktische Organisation große Verantwortung tragen. Die zum anderen aber auch
mit ihrem Talent, ihrer Persönlichkeit und Erfahrung die besondere Dramaturgie und Ästhetik
sowie die Effizienz eines Fußballspiels prägen und dabei entscheidende Impulse geben.
EINFÜHRUNG:
Vom alles dominierenden Strategen zum kreativen Allrounder des 21. Jahrhunderts
Im fünften Teil unserer Serie wird
deutlich, dass keine andere Aufgabe
im Fußball in den vergangenen drei
Jahrzehnten einen solch inhaltlichen
Bedeutungswandel erfahren hat wie
die Schlüsselposition im zentralen
offensiven Mittelfeld. Der Wandel
vom alles bestimmenden Spiel­
macher zum offensiven Teamwork
mit verteilten kreativen Rollen.
„Der klassische Spielmacher war der
absolute Mittelpunkt des Spiels. Nur
er hat entschieden, ob das Spiel ver-
zögert werden musste oder ob es mit
einem Steilpass schnell weiterging.
Er war der wichtigste Spieler der
Mannschaft“, so der einstige Spiel-
macher Wolfgang Overath, einer der
besten seiner Art. Wolfgang Overath
war, wie Fritz Walter, Helmut Haller,
Günter Netzer oder Bernd Schuster,
wie Felix Magath, Jürgen Grabowski,
Uwe Bein oder in ihren späteren
Jahren Pierre Littbarski und Lothar
Matthäus, der „Zehner“ an sich. Auch
wenn er und andere der großen
Regisseure nicht immer das Trikot
mit der 10 getragen haben.
Der klassische „Zehner“ als Lieb-
lingsspieler der Feingeister und Äs-
theten war Ausdruck eines Zeitalters,
als im Fußball dem Genie die totale
Priorität zugebilligt wurde. Mit ihm
stand und triumphierte das Team.
Mit ihm fiel und kollabierte es aber
auch, wenn er als alles dominieren-
der Stratege mit seinen Eingebungen
das Spiel nicht lenken konnte, weil
ihm mal die nötige Tagesform fehlte
oder weil er von seinen Kontrahenten
aus dem Spiel genommen wurde.
Diese totale Abhängigkeit vom
Denker und Lenker des Teams, von
dem Overath mal sagte, „es konnte
nur einen geben in der Mannschaft“,
hat die Überfigur in der Regiezentrale
allmählich verschwinden lassen.
Nicht mit einer Palastrevolution des
untergeordneten Führungspersonals
oder durch einen Aufstand der
kämpfenden Truppe. Es war der
Leiser Ausklang am
Dirigentenpult
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