20
RÜCKBLENDE
DIE MEDIENWELT VOR 40 JAHREN
weg des Stürmers auf den des
Schreibers für den Gang durch die
Gemeinde geschwind abgestimmt.
Auch in Montevideo, bei der Länder-
spielreise zur „Copa de Oro“ am
Jahreswechsel 1980/81, wohnten
noch alle unter einem Dach, und der
heutige DFB-Präsident kann eine
hübsche Anekdote erzählen. Wolf-
gang Niersbach war seinerzeit Fuß-
ballchef und Reporter beim Sport-
Informationsdienst (sid). Dank seiner
eisernen Agenturdisziplin ging er
eines Tages als einziger Journalist
zum Training, und Bundestrainer
Jupp Derwall kritzelte ihm auf einen
Zettel die Aufstellung fürs nächste
Spiel – mit Mirko Votava statt Horst
Hrubesch, was eine alle über
raschende Exklusivnachricht war.
Niersbach: „Hektisch bin ich in ein
gelebt und versucht, der Eintönigkeit
in der Einöde zu trotzen. BeimMittag-
essen spielte Franz Lambert an
seiner Orgel schmissig das Heimat-
liedgut vorwärts und rückwärts
herunter, abends erklang aus den
Zimmern Udo Jürgens mit „Es wird
Nacht, Senorita“, und das einzige
Telefon haben sich Spieler und Jour-
nalisten, wenn sie den Kontakt zur
Außenwelt suchten, brüderlich ge-
teilt. Nur gemeinsam war Ascochinga
auszuhalten.
Einmal, an einem freien Tag, fuhr
uns der Bus über die Schotterpiste
ins 70 Kilometer entfernte Cordoba,
und beim Aussteigen fragte Dieter
Müller, der Kölner Torjäger: „Kennst
du dich hier aus?“ Und weil man in der
Not zusammenhält, wurde der Lauf-
Die Geschichtsforscher sind sich
einig: Der krönende Höhepunkt der
Harmonie war Ascochinga. Das DFB-
Camp während der WM anno ’78 in
Argentinien war wie eine große WG,
die Türen waren offen, nicht nur bei
Klaus Fischer. „Spielen wir Tisch
tennis?“, fragte Torwart Dieter Bur-
denski, und regelmäßig trafen wir
uns an der Platte im Klubhaus.
Abends sagte einen Stock höher in
der Bar der Manndecker „Katsche“
Schwarzenbeck: „Schwob, kannscht
karteln?“ – und brachte mir das
Schafkopfen bei.
Ascochinga lag mitten in der Pampa
und hieß, aus dem Indianischen
übersetzt, ungefähr „toter Hund“.
Dort haben wir Journalisten mit
Helmut Schöns WM-Titelverteidigern
OHNE BERÜHRUNGSÄNGSTE: HANSI MÜLLER WÄHREND DES COPA DE ORO 1981 IN URUGUAY IM GESPRÄCH
MIT MEDIENVERTRETERN, IM VORDERGRUND ENTSPANNT SICH TONI SCHUMACHER.