CdN Newsletter 19 - page 19

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Hinblick auf das mögliche Endspiel
oder eine Schonungsmaßnahme?
ECKEL:
Ganz klar Schonung! Her-
berger wollte für das Entscheidungs-
spiel gegen die Türkei drei Tage
später kein Risiko eingehen. Diese
Maßnahme hatte er uns übrigens
schon vorher beim Lehrgang in
München-Grünwald angekündigt.
SCHÄFER:
Herberger war klar, dass
wir gegen die Ungarn im Normalfall
keine Chance haben würden. Deshalb
war die Schonungsmaßnahme für
uns auch nachvollziehbar.
CDN-MAGAZIN:
Auch für die­
jenigen, die beim 3:8 gegen Ungarn
untergingen? Zum Beispiel Ersatz-
torwart Heinrich Kwiatkowski?
ECKEL:
Mir tat der „Kwiat“ wirklich
leid. Vor allem auch vier Jahre später,
als er ebenfalls als Ersatzkeeper
beim 3:6 im Spiel um Platz drei gegen
Frankreich die Bude voll gehauen be-
kam. Je ein Einsatz bei zwei WM-
Turnieren und dann 14 Gegentreffer.
SCHÄFER:
Verständlich, dass der
Heini diesen Einsatz gegen Ungarn
mit den acht Dingern als sehr de­
primierend empfand. Dennoch gab
es keinen Hass und keine Miss­
stimmung, sondern wirklich nur ein
großes Miteinander. Dafür hat Sepp
Herberger gesorgt.
CDN-MAGAZIN:
Mit uneinge-
schränkter Dominanz. Damit hat er ja
auch entschieden, wer mit wem das
Zimmer teilt. Den feinfühligen Fritz
CDN-MAGAZIN:
Dieser Titelge-
winn wurde, wie viele Beobachter
meinten, auch vom berühmten „Geist
von Spiez“ begünstigt. Was genau
hatte es damit auf sich?
SCHÄFER:
Das war diese einmalige
Stimmung, dieses einmalige Wir-Gefühl in der Mannschaft, was sich
immer mehr gesteigert hat.
ECKEL:
Und die nur auf der totalen
Verständnisbereitschaft in unserer
Mannschaft möglich war.
SCHÄFER:
Wir waren ja alles einfa-
che Leute, da ist keiner ausgeschert,
keiner hat sich für etwas Besseres
gehalten. Der Teamgeist war unsere
große Stärke, das wusste auch Her-
berger. Wir waren eine Mannschaft,
nicht nur die ersten Elf, sondern alle
22 Spieler. Wir haben als Team bei
diesem Turnier am besten harmoniert.
CDN-MAGAZIN:
1954 also heile
Welt pur?
ECKEL:
Keineswegs. Aber jeder
wusste, woran er war, weil Sepp Her-
berger und Fritz Walter als Kapitän
immer und vor allem rechtzeitig für
klare Verhältnisse gesorgt hatten.
So wusste jeder in der Regel schon
zwei Tage vorher, ob er spielt oder nicht
und konnte sich darauf einstellen. So
fühlten sich auch alle Reservisten
dem Team uneingeschränkt zugehörig.
CDN-MAGAZIN:
Mit sieben dieser
Reservisten war Herberger in das
erste Spiel gegen die Ungarn ge­
gangen. Ein Ablenkungsmanöver im
CDN-MAGAZIN:
Und wann kam
in der Mannschaft dann erstmals
das Gefühl auf, dass etwas Großes
gelingen könnte?
SCHÄFER:
Spätestens nach dem
Sieg gegen Österreich. Da fühlten wir
uns wie die Allergrößten. Gegen
diese tolle Mannschaft haben wir uns
wenig ausgerechnet. Und dann put-
zen wir die 6:1. Danach war uns klar:
Gegen Ungarn haben wir nichts mehr
zu verlieren.
ELEGANT UND BESTER LAUNE: DIE BEIDEN LETZTEN NOCH
LEBENDEN „HELDEN VON BERN“ HORST ECKEL (LINKS) UND HANS SCHÄFER.
Hans Schäfers WM-Tipp:
„Nicht Brasilien ist mein
WM-Topfavorit, sondern
Spanien. Trotzdem tippe ich
auf Deutschland als Welt-
meister 2014, die Jungs haben
mein volles Vertrauen.“
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