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das der seit Mai 1974 regierende
Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte:
„Es geht um mehr als um Fußball.“
Aus der Deutschen Demokratischen
Republik durften in einem Sonderzug
nur ein paar hundert handverlesene
regimetreue Bürger nach Hamburg
ins Volksparkstadion reisen. Sie
schwenkten ihre DDR-Fähnchen un-
ablässig und gingen in der 78. Minute
für den historischen Augenblick
sogar ein wenig aus sich heraus: als
nämlich der Magdeburger Jürgen
Sparwasser das Tor zum 1:0-Sieg für
den Außenseiter gegen den von der
DDR-Staatsführung zum „Klassen-
feind“ erhobenen Favoriten schoss.
Unter den Spielern ging es an diesem
22. Juni ziemlich fair und gesittet zu.
Nicht nur, weil schon vor dem Anpfiff
feststand, dass sich beide Teams für
die damals übliche zweite Grup
penspielphase qualifiziert hatten.
So kündigte Beckenbauer seinem
Gegenüber Harald Irmscher einmal
Overath als Wortführern ausgehan-
delten Betrag 11 zu 11.
Dem erschöpfenden Vorspiel ent-
sprechend sahen dann auch die
Spiele der Gruppe 1 mit der Bundes-
republik als großem Favoriten aus.
Einem mühseligen 1:0 über Chile in
Berlin durch einen Weitschuss von
Paul Breitner folgte in Hamburg ein
unbefriedigendes und von Pfiffen ge-
säumtes 3:0 über Australien nach
Treffern der Kölner Overath und
Bernd Cullmann sowie Gerd Müllers
erstem Tor bei dieser WM. Und voll-
ends aus blieb die erhoffte befrei
ende Wirkung im ersten und einzigen
A-Länderspiel der Fußballgeschichte
zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der DDR, die sich
nur einmal, 1974, für eine WM-End-
runde qualifizieren konnte.
Die Begegnung war unter den ganz
besonderen deutsch-deutschen Um-
ständen natürlich ein Politikum, über
Sportschule Patrouille liefen. Diese
Situation war für uns bedrückend.“ In
diesem Klima der eingeschränkten
Bewegungsfreiheit war auch noch ein
deftiger Prämienstreit zwischen den
Spielern und dem DFB zu lösen.
Wie schon 1966 und 1970 wollte der
Verband seinen auserwählten Profis
30.000 Mark für den angestrebten
Titelgewinn zahlen. „Wir sagten, das
geht nicht“, berichtet Maier über die
Tage der telefonisch geführten „Tarif-
verhandlungen“ zwischen der Mann-
schaft und DFB-Präsident Hermann
Neuberger, „wir wussten ja, dass die
Italiener für den Fall des WM-Siegs
130.000 Mark pro Nase bekommen
hätten.“ Am Ende stand der Kom
promiss: 70.000 Mark für jeden, der
an der Mission Titeleroberung teil-
hatte. Im Kader stand es, ehe sich
die Spieler mit dieser Summe einver-
standen erklärten, nach einer ersten
Abstimmung über den von Kapitän
Franz Beckenbauer und Wolfgang
ÜBER BERG UND TAL ZU SEINEM SCHÖNSTEN TITEL: SEPP MAIER WAR
IM WM-FINALE 1974 GEGEN DIE NIEDERLÄNDER EIN ÜBERRAGENDER RÜCKHALT.