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Noch heute staunt Sepp Maier ein
wenig: „Dass wir bei all dem Ärger,
den wir 1974 auszustehen und zu be-
wältigen hatten, den Titel einfahren
konnten, war eine starke Leistung.
Wir waren damals halt doch robuste
Männer.“
Roland Zorn
du, dir kann heute nichts passieren.“
Der Lohn der guten Taten war der
deutsche Triumph in einem Berg-
und-Talspiel nach einem Berg-und-
Talturnier. „Das war mein schönster
Titel“, sagt Sepp Maier, der mit den
Bayern viermal Deutscher Meister
war, dreimal den Europapokal der
Landesmeister gewann und 1972
zu den unantastbaren deutschen
Europameistern gehörte.
Warum es die Deutschen nach all den
Widrigkeiten doch noch schafften,
die Wünsche ihrer Landsleute zu er-
füllen und ihren eigenen Anspruch
auch, erklärt der Torwart so: „Wir
waren am Ende ein geschlossenes
Team mit den vielbesungenen
deutschen Tugenden. Dazu hat uns
Gerd Müller, ein einmaliger Stürmer,
in entscheidenden Momenten ge
rettet. Er war stets in den richti-
gen Situationen am richtigen Platz.“
Schließlich ging diese WM aus Sicht
der deutschen Spieler auch noch mit
einem Eklat zu Ende. Die Spieler
frauen durften zum Abschluss
bankett nicht im Festsaal sein und
speisten in einem Nebenraum. Ein
letzter Streit wurde dadurch ausge-
löst. „Acht oder neun Spieler von
uns verließen den Bankettsaal“,
sagt Maier, „denn so ging es nicht,
zumal die Holländer ihre Frauen zum
Bankett dabei hatten. Wir haben
danach unsere eigene Party in einer
Münchner Diskothek gefeiert.“
konnte. Es war der Tag, an dem sich
auch Sepp Maier, geprüft wie bis
dahin nie bei dieser WM, höchstes
Lob verdiente, weil er speziell in der
zweiten Halbzeit eine Fülle von
Glanztaten vollbrachte.
Maiers Anteil am größtmöglichen
Erfolg bei diesem Turnier wuchs
schließlich sogar noch im Münchner
Finale am 7. Juli, als er mit fabel
haften Paraden den deutschen Halb-
zeitvorsprung von 2:1 verteidigen
half. Beim Blick auf den Gegner, der
den attraktivsten Fußball dieser WM
gespielt hatte, sagt der Münchner
heute: „Sie waren aber auch ganz
schön überheblich, und einige hatten
wohl schon vor dem Endspiel ge-
dacht, sie seien bereits Weltmeister.
Ein Gefühl, das sich nach Neeskens’
Elfmetertor in der 63. Sekunde noch
verstärkt zu haben schien. Da hat wohl
der eine oder andere geglaubt, jetzt
kriegen die Deutschen drei, vier Stück.“
Die DFB-Elf hielt jedoch früh dage-
gen, konnte nach einem Foul von
Jansen an Hölzenbein durch Breit-
ners Elfmeter-Tor (25. Minute) aus-
gleichen und durch einen typischen
Müller-Treffer mit Drehung um die
eigene Achse (42.) 2:1 in Führung ge-
hen. Was danach auf Sepp Maier an
Schüssen oder Kopfbällen zukam,
parierte der Münchner, der sich an
eines seiner besten Spiele so erinnert:
„Wenn du drin bist, es gut läuft und du
ein paar Bälle gehalten hast, denkst
Sepp Maiers WM-Tipp:
„Der WM-Titel könnte an
Südamerika gehen: Brasilien,
Argentinien oder Chile.
Das DFB-Team kommt auf jeden
Fall unter die letzten Vier.“
KARRIERE NACH DER KARRIERE: MAIER (MIT JENS LEHMANN)
WAR VON 1988 BIS 2004 TORWARTTRAINER DER DFB-AUSWAHL.