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ganz nah dran. Vor seinem Wechsel
zum „Club“ hatte er es mit drei
Treffern in einem Europapokalspiel
gegen Benfica Lissabon mit seinem
damaligen Verein Borussia Dortmund
vor den Augen von Sepp Herberger in
dessen legendäres Notizbuch ge-
schafft. „Im nächsten Frühjahr bist
du dabei, hat er mir versprochen
und dann nichts mehr von sich hören
lassen“, erzählte Brungs. Längst
schon vergangen, aber eben nicht
vergessen. Geschichte und Geschich-
ten am Stammtisch der National
spieler in Nürnberg.
Was zählte an diesem Länderspiel
abend, war die Gegenwart mit „dieser
wunderbaren Sache des Clubs der
Nationalspieler“, wie Dieter Eckstein,
der EM-Teilnehmer 1988, betonte.
Klar, sie alle hatten sich vom Auftritt
ihrer Nachfolger unten auf dem
Rasen gegen Gibraltar einiges mehr
versprochen. Doch die Stimmung am
Stammtisch konnte selbst die an
Toren dürftige zweite Halbzeit nicht
trüben. Georg Volkert sprach als
Wortführer der FCN-Oldies allen aus
dem Herzen: „Wir können Wolfgang
Niersbach nur dankbar sein, dass er
diesen Club der Nationalmannschaft
vor sechs Jahren gegründet hat.
Mit ihm an der Spitze des DFB ist eine
neue Zeit angebrochen, auch für uns
alte Kämpen.“
Wolfgang Tobien
Auch Volkert blickte an diesem
Abend mit einem lachenden und
einem weinenden Auge zurück.
„Meine beiden Spiele gegen Brasilien
1968 und 1977 im Maracan˜a bleiben
unvergessen. Mit meinen Qualitäten
hätte ich aber locker zwei Berufun-
gen mehr zu meinen nur 12 Länder-
spielen bekommen müssen“, meinte
er mit leichtem Sarkasmus und
erzählte, er habe dem damaligen
Bundestrainer Helmut Schön mal
widersprochen. „Danach war ich neun
Jahre im Nationalteam außen vor
und bekam dann auch nach meinem
Comeback keinen Draht zu Schön.“
Vergeblichen Anläufen ins National-
team trauerten Dieter Nüssing und
Franz Brungs nach. Nüssing, wegen
seiner Kampfkraft und Torgefährlich-
keit bis heute ein Idol der Club-Fans,
stand im offiziellen 40er-Aufgebot
für die WM 1970 in Mexiko. „Doch
dann bin ich wenige Wochen später
mit dem Club aus der Bundesliga
abgestiegen und bekam von Helmut
Schön zu hören, dass er einen
Zweitligaspieler nicht für die WM
nominieren könnte“, so der einstige
Junioren-Nationalspieler.
Auch Franz Brungs, der kopfball
starke Torjäger der 60er-Jahre, des-
sen fünf Bundesliga-Tore in einem
Spiel gegen Bayern München in
Nürnberg unvergessen sind, war
so schnelle, dribbel- und zweikampf-
starke „Schorsch“ Volkert.
Erinnerungen, wie sie zum Beispiel
Manni Schwabl beim Rückblick auf
sein erstes Länderspiel zum Besten
gab. „In Hamburg gegen Dänemark
wurde ich im September 1987 eine
Viertelstunde vor Schluss einge-
wechselt und handelte mir gleich mit
meiner ersten Aktion die Gelbe Karte
ein“, sagte der heutige Präsident der
SpVgg Unterhaching und fügte augen-
zwinkernd hinzu: „Nach dem Schluss-
pfiff lobte mich Franz Beckenbauer,
der damalige Teamchef, sogar für
diese Tat. Ich hätte damit einen sehr
positiven Beitrag zum Spiel geleistet,
weil ich das Stadion und unsere
Mannschaft wieder aufgeweckt hätte.“
Hansi Dorfner verwies auf das denk-
würdige, weil alles entscheidende
letzte WM-Qualifikationsspiel 1989
in Köln gegen Wales als Highlight
seiner Länderspiel-Laufbahn. Aller-
dings mit gemischten Gefühlen.
„90 Minuten war ich dabei, als der
letzte Schritt zur WM 1990 in Italien
mit dem folgenden WM-Titelgewinn
vollbracht wurde. Ohne diesen Sieg
wäre es nie dazu gekommen. Da-
nach habe ich leider aber nie mehr
eine Berufung ins Nationalteam
von Franz Beckenbauer erhalten.
Warum? Das kann ich mir bis heute
nicht erklären.“
BEGRÜSSUNG ZWISCHEN ZWEI DDR-LEGENDEN:
HANS MEYER, JOACHIM STREICH.
WM-WEGBEREITER UND WELTMEISTER:
HANS DORFNER, GUIDO BUCHWALD.