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NEUE SERIE
DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER
„Servus Norbert,
hier ist der Franz …“
Meister Eder und die 50 tollen Tage im WM-Sommer 1986
Einst waren sie bekannt, populär, beliebt und bewundert. Teilweise sogar erfolgreiche
WM- und EM-Teilnehmer. Doch inzwischen sind sie aus dem Rampenlicht verschwunden,
haben sich zurückgezogen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, stehen abseits der Schlag­
zeilen. Manch einer ist in Vergessenheit geraten, einsam sogar zum Teil geworden, isoliert.
Nationalspieler im Verborgenen. Im CdN-Magazin wird der eine oder andere von ihnen in
einer neuen Serie aus der Versenkung hervorgeholt. Teil 1: Norbert Eder, der nach seiner
außergewöhnlichen Karriere zum Vizeweltmeister von 1986 heute im familieneigenen
Floristik-Fachgeschäft seine Erfüllung findet.
Mit Profifußball hat er nichts mehr
am Hut. „Und eigentlich“, sagt er,
„will ich auch gar nicht mehr darüber
reden“. Er habe eines Tages ganz be-
wusst die Entscheidung getroffen,
das Millionengeschäft rund um die
Kugel zu verlassen. „Früher hat sich
in meinem Leben alles um Fußball
gedreht“, erzählt er. „Aber in den
letzten Jahren habe ich nahezu alles
in dieser Richtung abgebrochen.“
Norbert Eder – 58 Jahre, 286 Bundes­
ligaspiele für den 1. FC Nürnberg und
den FC Bayern, 11 Tore, Deutscher
Meister 1985, 1986 und 1987, DFB-
Pokalsieger 1986, Finalist im Europa-
pokal der Landesmeister 1987,
Vizeweltmeister 1986 – lebt heute
ein Leben abseits des Fußballs.
„Ich habe Besseres zu tun“, sagt er.
Nicht alltägliche Aussagen eines
Mannes, der auf eine außergewöhn­
liche Karriere als Profi zurückblickt.
Nach zehn Jahren bei seinem Heimat­
verein VfR Bibergau in Unterfranken
wechselte Eder, gerade 18-jährig, im
Dezember 1973 zum damaligen Zweit-
ligisten 1. FC Nürnberg. Der Einstieg
glückte. 1974 stand er in jener Club-
Mannschaft, die durch einen 1:0-Sieg
über den 1. FC Köln zum ersten und
einzigen Mal die deutsche A-Jugend-
meisterschaft errang. Und doch sagt
er heute: „Ich habe viel zu lange im
falschen Verein gespielt.“
Zehn der besten Jahre seines Fuß­
ballerlebens verbrachte er am
Nürnberger Valznerweiher. Natürlich
gab’s auch im Trikot des damaligen
deutschen Rekordmeisters so man-
chen Erfolg zu feiern; so den Wieder-
aufstieg in die Bundesliga 1978 oder
den Einzug ins DFB-Pokalfinale 1982,
das trotz einer 2:0-Halbzeitführung
mit 2:4 gegen den FC Bayern ver­
lorenging – Dieter Hoeneß und der
Turban, man erinnert sich.
Die positiven Erinnerungen werden
jedoch überlagert durch eine Vielzahl
von Enttäuschungen: die Abstiege
der Jahre 1979 und 1984, immer
neue Führungskrisen, finanzielle
Drahtseilakte, irrwitzige Trainerent-
lassungen, hanebüchene Spieler­
verpflichtungen. Mehrmals suchte
er den Absprung. 1979, als ihn Ein-
tracht Frankfurt und der damals
noch zur Bundesliga-Spitze zählende
Hamburger SV lockten, scheiterte
ein Wechsel an der zu hohen Ablöse-
forderung des FCN, 1981 entschieden
sich die schon damals interessierten
Bayern letztendlich gegen ihn und
für seinen Vereinskollegen Bertram
Beierlorzer.
1984, mit 28 Jahren, wechselte er,
nach dem erneuten Abstieg des FCN,
dann doch noch nach München.
„Dieser Transfer war für mich ein
wirkliches Geschenk“, meint er heute.
Vier Jahre lang spielte er für den
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