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SERIE
DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER
Rote Asche statt
Roter Teppich
Nach 24 Länderspielen, Meistertiteln und Pokaltriumphen kickt Fabian Ernst in der 6. Liga
Einst waren sie bekannt, populär, beliebt und bewundert. Teilweise sogar erfolgreiche WM- und
EM-Teilnehmer. Doch inzwischen sind sie aus dem Rampenlicht verschwunden, haben sich zu-
rückgezogen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, stehen abseits der Schlagzeilen. Manch einer
ist in Vergessenheit geraten, zum Teil sogar einsam geworden. Nationalspieler im Verborgenen.
Im CdN-Magazin wird der eine oder andere in dieser Serie aus der Versenkung hervorgeholt.
Teil 3: Fabian Ernst (35), der nach 24 Länderspielen sowie Titeln und Triumphen in der
Bundesliga und Türkei vom Fußball nicht lassen will – als Landesliga-Spieler beimOSV Hannover.
Als Nationalspieler, Meister und
Pokalsieger mit Werder Bremen und
Besiktas Istanbul stand Fabian
Ernst auf dem Roten Teppich großer
Popularität. Nach 306 Bundesliga­
spielen für Bremen, den HSV und
Schalke sowie vier Profijahren in der
Türkei spielt Ernst (35) inzwischen
voller Freude für den OSV Hannover
in der Landesliga – und ist sich nicht
zu schade, auch auf dem Ascheplatz
zu trainieren.
Es war eine Dame, die ihn so an-
sprach. Eine Dame mit einer Pfeife,
die sich in ihn verguckt hatte. „Sie
sehen“, sagte die Schiedsrichterin,
die ein Spiel in der Landesliga
leitete, in dem er mitwirkte, „dem
Fabian Ernst total ähnlich.“
Es war Fabian Ernst, der bekannte
Ex-Profi, der seit dem letzten Jahr in
der unteren Spielklasse als Hobby-
fußballer dem Ball nachjagt. Er gab
sich nicht zu erkennen, gab seine
Identität nicht preis. Und es ist nicht
genau bekannt, ob die Unparteiische
hinterher aufgeklärt worden war oder
selbst dahinter gekommen ist, dass
sie auf der richtigen Spur sich befand.
Überraschungseffekt garantiert: Es
ist schon recht ungewöhnlich und
nicht alltäglich, dass ein so populärer
Fußballer sich in die Niederungen
dieses Ballsports begibt, nachdem
er seine aktive Laufbahn als Berufs-
fußballer soeben erst beendet hat.
Bis Sommer 2013 spielte Ernst, der
einstige Nationalspieler, noch in der
ersten Liga, in der Türkei bei Kasim-
pasa, dem kleinsten der Istanbuler
Großvereine. Wie aus heiterem
Himmel löste er seinen Vertrag auf.
Heimlich, still und leise verabschie-
dete er sich von der großen Bühne.
„Es passte einfach nicht mehr“,
begründete der 35-Jährige seinen
Entschluss. „Ich habe mich immer
mit dem identifiziert, was ich als­
Profi gemacht habe. Dieses Gefühl
hatte ich nicht mehr.“
Auf Wiedersehen Bosporus! Tschüss
Profiliga! „Persönliche Gründe“, so
führte der Hannoveraner an, nach-
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