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SERIE SCHLÜSSELSPIELER ( TEIL 5)
ZENTRALES OFFENSI VES MITTELFELD
Die „10“ – auch im DDR-Fußball war sie eine gefragte, symbolische Rückennummer und wurde
mit dem glänzenden Spielgestalter identifiziert. Primadonnen waren auf dieser Position im
Osten Deutschlands nicht gefragt, vor allem nicht geduldet, denn das Kollektiv stand nun
einmal (übertrieben) im Mittelpunkt. Dennoch hingen auch hier Wohl und Wehe einer Oberliga-
mannschaft und des Auswahlteams weitgehend von der Form und den Ideen des Dirigenten ab.
Viel Masse an großer Klasse: Schröter, Sammer, Thom, Doll – und Jürgen Nöldner
In der Ära unter dem defensiv
orientierten Auswahltrainer Georg
Buschner verkümmerten in den
70er-Jahren die Spielgestalter mehr
und mehr, wurde das Mittelfeldspiel
anders interpretiert, war Schöngeist
nicht mehr gefragt. Und die letzten
Spiele des DDR-Auswahl bis zur
Auflösung 1990 waren auch in der
DDR schon von einem anderen Spiel-
system als in den Anfängen geprägt,
wurde Spielintelligenz zusätzlich auf
die Außenbahnen verschoben oder
der dynamische Offensivspieler hin-
ter den Spitzen eigentlich mehr als
verkappter Torjäger installiert.
Der damalige West-Berliner Bernd
Patzke erinnert sich noch an die
50er-Jahre in seiner Geburtsstadt.
„Natürlich haben wir damals auch
immer zum Fußball im Osten ge-
guckt. Dabei ist mir ein Spieler
besonders aufgefallen, Schröter hieß
er wohl.“ Mit diesem Namen hatte
sich der spätere Verteidiger in der
Nationalmannschaft des DFB nicht
geirrt. Günter „Moppel“ Schröter war
der Spielgestalter bei Dynamo Berlin
und in der DDR-Auswahlmannschaft.
1927 in Brandenburg geboren, geriet
der 1,68 Meter große perfekte
Techniker nach Ende des Kriegs bis
1948 in polnische Gefangenschaft,
bevor er seine fußballerische Kar­
riere entfalten konnte. „Weil ich klein
gewachsen war und mich deshalb
sehr intensiv mit dem Ball beschäf­
tigen musste, sagten die anderen
immer, der moppelt uns zu viel. Dar-
aus wurde der Spitzname Moppel.“
Die ständigen Veränderungen im
DDR-Fußball in den 50er-Jahren bis
hin zu Umsiedlungen ganzer Mann-
schaften und Klubs (zum Beispiel
Empor Lauter nach Rostock) führten
auch zur Schaffung von Dynamo
Berlin, für das Schröter nach einem
Umweg über Dynamo Dresden von
November 1954 bis zum Ende seiner
Karriere kickte.
Schröter war schon beim ersten
Länderspiel der DDR im September
1952 in Warschau gegen Polen
(0:3) als Halbstürmer dabei. Ins­
gesamt brachte er es auf 39 Ein-
sätze (13 Tore), im Herbst 1962 trug
er das Trikot zum letzten Mal im
damaligen Europapokal der National-
mannschaften beim sensationellen
2:1-Sieg gegen den frisch gebacke-
nen Vize-Weltmeister CSSR. Beim
Rückspiel in Prag im Frühjahr 1963
saß er noch einmal auf der Bank,
hatte seine Position inzwischen an
Jürgen Nöldner abgetreten. Im Som-
mer 1963 wurde Günter „Moppel“
„Der Fritz Walter
des Ostens“
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